Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Hinsichtlich der weiteren Verhandlungen über den Eintritt Württembergs in 
das Deutsche Reich schreibt Suckow in seinen Aufzeichnungen: 
Nach vielen Ministerbesprechungen über unseren Eintritt in den neuen Bund 
übernahm ich es, vertraulich an Bismarck zu schreiben, daß Seine Majestät 
König Karl nicht zusammen mit dem König Ludwig von Bayern nach Versailles 
gehen wolle, und erst wenn die Grundlagen der neuen Bundesverfassung fest- 
gelegt sind, wofür meine und Mittnachts Entsendung nach Versailles jederzeit 
auf erfolgende Einladung geschehen könne. Dies war am 7. Oktober. Das 
Schreiben sandte ich zur Sicherheit durch Boten nach Versailles. Darauf tele- 
graphirte mir Bismarck am 12., er erwarte uns mit lebhafter Genugthuung und 
sei zu den Verhandlungen mit uns ermächtigt. Ich gehe damit zu Mittnacht, 
der nun sagt, in Rücksicht auf die Münchener Konferenzen können wir nicht 
reisen, ehe wir wissen, daß die Bayern ebenfalls geladen sind. Diese Voraus- 
setzung bestätigt mir Bismarck auf meine Anfrage durch Telegramm vom 14., 
ich teile es Mittnacht mit, der darauf durch den Telegraph in die Bayern 
dringt, mitzukommen. Die Antwort von Bray lautet, König Ludwig komme 
am 17. von Hohenschwangau herüber, vorher sei nichts zu machen, und nun 
sagt Mittnacht, vor dem 20. können wir ja doch nicht reisen wegen der noch 
zu entscheidenden Frage der Kammerauflösung behufs Neuwahl. 
Die Bayern reisen am 20. nach Versailles. Mit diesem Telegramm des 
Gesandten Soden in München kommt Mittnacht am 15. zu mir und sagt, wir 
müssen nun um alles noch vor den Bayern reisen. Und in der That brachen 
wir am 19. nach Versailles auf, ich noch mit der besonderen Vollmacht für die 
abzuschließende Militärkonvention. 
Am 22. Oktober in Versailles eingetroffen,!) hatten wir tags darauf) 
Konferenz mit Bismarck in der Rue de Provence auf der von ihm bezeichneten 
Basis unseres Eintritts in den Norddeutschen Bund unter dessen Erweiterung 
zum Deutschen Bund und mit verfassungsmäßigen Privilegien für die einzelnen 
Staaten, und darauf begann Mittnacht seine Einzelverhandlungen mit Delbrück 
ohne mich. Ich hatte am 25. Oktober meine erste Besprechung mit Roon; 
wir waren einig, daß eine Militärkonvention zwischen uns abgeschlossen wird, 
durch welche die württembergischen Truppen als Bestandteil des deutschen Bundes- 
heeres unter dem Befehl des Königs von Preußen ein Armeecorps nach preußi- 
schem Muster mit eigener Verwaltung bilden. Roon versprach hierfür einen 
Stärke= und Kostenetat des Armeecorps alsbald aufstellen zu lassen. 
Am 5. November teilte mir Mittnacht die Redaktion der Verträge über 
unseren Eintritt in den Bund exklusive Militärkonvention nach seinen Verhand- 
lungen mit Delbrück darüber mit. Ich erklärte meine Zustimmung, da Mittnacht 
  
1) Kohl erwähnt in seinen Bismarck-Regesten dieses Eintreffen, nennt aber den 
württembergischen Minister Suckrow statt Suckow. 
2) In Kohls Bismarck-Regesten gleichfalls nicht erwähnt. 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. II. 22
	        
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