Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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gabe eines sämtlichen Bundesstaaten nach dem Verhältnis der Bevölkerung gleich- 
mäßig zu gute kommenden Reichspapiergeldes ins Auge zu fassen habe. Nach 
längerer Besprechung des Gegenstandes sprach Freiherr v. Friesen den Wunsch 
aus, daß von Preußen formulirte Vorschläge in der Sache gemacht werden 
möchten. Dem Reichstag sollte bei Ablehnung der von ihm beschlossenen Be- 
stimmung mitgeteilt werden, daß der Bundesrat sich mit der Beratung der 
Frage beschäftige. 1) 
Bald darauf wurde seitens der preußischen Regierung dem Bundesrat ein 
Gesetzentwurf wegen Einziehung des Staatspapiergeldes und Ausgabe von 
Reichspapiergeld vorgelegt; derselbe beantragte Ausgabe von Reichspapiergeld in 
Höhe von ein Thaler pro Kopf und gleichzeitige Einziehung des sämtlichen 
Staatspapiergeldes. Seitens Sachsens, Bayerns u. s. w. wurde beantragt, 
den Termin für Einziehung des Staatspapiergeldes bis zum 1. Januar 1875 
auszudehnen und den Staaten einen höheren Betrag an Reichspapiergeld zur 
Verfügung zu stellen, um ihnen die Deckung des Ausfalles zu erleichtern. Dieser 
Betrag sollte indessen die Hälfte des Restes des Staatspapiergeldes, nach Abzug 
der entsprechenden Quote an Reichspapiergeld, nicht übersteigen. 
Ueber den vorstehenden preußischen Entwurf fanden im Bundesrat ein- 
gehende Beratungen statt, welche aber zu keiner Einigung führen wollten. 2) 
Bismarck hätte nun zwar durch Abstimmung dem preußischen Entwurfe leicht 
zur Annahme verhelfen können; da die Frage aber die Finanzen der einzelnen 
Staaten stark berührte, so wollte er dieses Verfahren nicht einschlagen. 
In der Sitzung des Bundesrats vom 21. Juni 1873, der anfänglich 
Minister Delbrück und später Fürst Bismarck präsidirte, wurde endlich entschieden, 
daß eine Ausgleichung der Gegensätze in der Papiergeldfrage auf Basis des 
preußischen Antrags nicht zu erzielen ist. Die bayerischen Kommissare beharrten 
darauf, daß die Regelung des Staatspapiergeldes gleichzeitig mit der der Bank- 
frage geschehen müsse. Man kam daher überein, dem Reichstag im nächsten 
Jahr ein Gesetz über Staatspapiergeld und Banknoten vorzulegen und demselben 
anheimzustellen, den § 18 des Münzgesetzes in modifizirter Gestalt und mit 
einem Zusatz anzunehmen, welcher die Einziehung des jetzigen Staatspapier= 
geldes bis zum 1. Januar 1876 sicherte. 3) 
1) Geschah durch die Staatsminister Delbrück und Camphausen. Vergleiche die 
„Provinzial-Korrespondenz“ Nr. 20 vom 14. Mai 1873. 
2) Vergleiche Schultheß' Geschichtskalender S. 148 und 153; „National-Zeitung“ 
Nr. 274 vom 16. Juni 1873, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 141 und 143 vom 
20. Juni und 22. Juni 1873; Nachricht von einem mutmaßlichen Kompromiß im Schoße 
des Bundesrats, „National-Zeitung“ Nr. 282 vom 20. Juni 1873 und „Norddeutsche All- 
gemeine Zeitung“ Nr. 140 vom 19. Juni 1873. 
3) In Bezug auf die Bundesratssitzung, in welcher die Papiergeldfrage zwischen den 
Regierungen ausgeglichen wurde, hatte die „National-Zeitung“ bemerkt, daß auch die sächsische 
Regierung gegen den preußischen Vorschlag opponirt habe. Demgegenüber wandte sich
	        
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