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zwanges Sorge zu tragen, hatte der Bundesrat beschlossen, sich darüber mit
den Bundesregierungen ins Vernehmen zu setzen. Nachdem die sämtlichen Re—
gierungen, mit alleiniger Ausnahme Württembergs, die einheitliche Regelung
des Impfwesens befürwortet hatten, wurde dem Bundesrat der Entwurf eines
Gesetzes, betreffend die Einführung des Impfzwanges, nebst Motiven vorgelegt.
Cholerakommission. Die Professoren Hirsch und v. Pettenkofer
hatten in einer an den Bundesrat gerichteten Eingabe Maßregeln gegen die
Cholera beantragt. Der Ausschuß für Handel und Verkehr, dem die Ein-
gabe überwiesen worden war, unterzog dieselbe einer sehr sorgfältigen Beratung
und erkannte an, daß es sich hier um eine Aufgabe handle, deren Lösung am
zweckmäßigsten durch gemeinsames Vorgehen der Bundesregierungen herbeigeführt
werde. Unter Betonung, daß das Gelingen des Ganzen wesentlich durch Unter-
stützung und Förderung der Bundesregierungen bedingt sei, richtete der Ausschuß
folgende Anträge an den Bundesrat: „Zum Zweck einheitlicher systematischer
Forschungen über die Verbreitung der Cholera und die Mittel zu deren Fern-
haltung und Bekämpfung wird eine Spezialkommission von Sachverständigen
gebildet, welche aus fünf vom Bundesrat zu wählenden Mitgliedern besteht.
Das Reichskanzler-Amt wird die Gewählten von der auf sie gefallenen Wahl
benachrichtigen und über die Annahme befragen, sowie die betreffenden Regie-
rungen um Erteilung des etwa erforderlichen Urlaubs für die Gewählten er-
suchen. Die Einberufung der Kommission und die Ernennung des Vorsitzenden
erfolgt durch das Reichskanzler-Amt. Die Funktion der Mitglieder der Kom-
mission ist eine Ehrenstellung; dieselben erhalten jedoch für den Fall des Auf-
enthaltes außerhalb ihres Wohnortes eine Tagesdiät von 20 Mark und Vergütung
ihrer baren Reiseauslagen. Als Aufgabe der Kommission wird bezeichnet: die
Aufstellung eines einheitlichen Untersuchungsplanes für die im Falle des Auf-
tretens der Cholera in Deutschland zu pflegenden Erhebungen; die Sammlung
und wissenschaftliche Verarbeitung der Erhebungsresultate und die Erstattung
von Gutachten über die zur Bekämpfung der Cholera dienlichen Maßregeln;
die Vornahme oder Veranlassung von einzelnen, etwa erforderlichen besonderen
Untersuchungen an Ort und Stelle des Herrschens der Cholera. Die Kosten
für den Zusammentritt und für die Arbeiten der Kommission werden vom
Reich getragen. Die Kommission ist jedoch verbunden, bezüglich des Auf-
wandes für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Materials sowie für die
Vornahme besonderer Untersuchungen rechtzeitig die Genehmigung des Reichs-
kanzler-Amts einzuholen. Die auf die Thätigkeit der Kommission bezüglichen
Korrespondenzen und Sendungen werden durch die Post als Reichsdienstsache
befördert. Für diejenigen Arbeiten, welche von seiten der Medizinalbeamten
und Aerzte der einzelnen Staaten lediglich zur Ausführung des allgemeinen
Untersuchungsplanes gemacht werden, wird aus Reichsmitteln keine Vergütung