Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise erörtert, wird mit Gefängnis oder 
Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.“ 
Es war bezeichnend, daß in Bezug auf den Ruhm der Vaterschaft des 
Preßgesetzentwurfes nur geringe Eifersucht bestand. Der Entwurf war dem 
Bundesrat zugegangen mit einem Schreiben, durch welches ihn „der preußische 
Minister der auswärtigen Angelegenheiten Fürst Bismarck im Namen des 
preußischen Ministeriums mit der Bitte überreichte, dem Entwurf die Zustim- 
mung des Bundesrats zu erteilen“. Jetzt versicherten Auslassungen, die aus 
dem Auswärtigen Amt inspirirt wurden, daß das Einverständnis des Fürsten 
Bismarck mit diesem Entwurf durchaus nicht feststehe, ja daß vielleicht der Fürst 
den Entwurf nicht einmal gelesen habe. 1) 
Ueber das Schicksal des Entwurfs im Justizausschuß des Bundesrats ver- 
lautete, derselbe habe die Bestimmung, welche den verantwortlichen Redakteur 
einer periodischen Druckschrift in allen Fällen als Thäter bestraft, abgelehnt 
und eine successive Haftbarkeit jedoch in Abweichung von dem Biedermannschen 
Entwurf angenommen. Der Nachweis des Verfassers sollte nur zulässig sein, 
wenn derselbe sich im Bereiche der deutschen Gerichtsbarkeit befand. Der be- 
rüchtigte Artikel 20 des Entwurfs soll solchen Schrecken verursacht haben, daß 
der Ausschuß sich erst davon erholen mußte und die Beschlußfassung über ihn 
aussetzte. 2 
Im Winter nahm der Justizausschuß seine Arbeit an dem Entwurf wieder 
auf. Zunächst beschäftigte er sich mit einer Revision der Beschlüsse, welche der- 
selbe bereits im Frühjahr über das erste Drittel des Entwurfs gefaßt hatte. 
Die wichtigsten Abänderungen des Entwurfs, welche der Ausschuß in Vorschlag 
brachte, betrafen die Bestimmungen über die Verantwortlichkeit für den Inhalt 
der Zeitungen und Zeitschriften. Der Vorschlag des preußischen Entwurfs, den 
verantwortlichen Redakteur für den gesamten Inhalt der Zeitung, nur mit Aus- 
1) Als ein Aeußerstes, wohin die Irreleitung der öffentlichen Meinung sich versteigen 
kann, teilte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 149 vom 29. Juni 1873 mit, was 
aus Berlin dem „Nürnberger Korrespondenten“ geschrieben war. „Es unterliegt keinem 
Zweifel mehr, daß der vom Minister der auswärtigen Angelegenheiten Preußens im Namen 
Preußens dem Bundesrat vorgelegte Preßgesetzentwurf nicht einem einzigen der preußischen 
Minister vorher bekannt war. Der preußische Ministerpräsident Graf Roon soll darüber 
nicht wenig aufgebracht sein und dem König den ganzen Sachverhalt mit soldatischem Frei- 
mut vorgetragen haben. Der Reichskanzler entschuldigt sein Verfahren mit dem erzielten 
Erfolg, der darin besteht, die Pläne des Reichstags durchkreuzt zu haben. Graf Roon kann 
sich jedoch damit nicht so leicht zufrieden geben und bat einen „unbestimmten Urlaub“ ge- 
nommen. Graf zu Eulenburg übernimmt den Vorsitz im Staatsministerium.“ 
2) Der Umstand, daß der Reichstag in der Frühjahrssession 1873 — trotz eines mit 
der Reichsregierung abgeschlossenen Kompromisses — die Beratungen eines aus seiner 
Initiative hervorgegangenen Preßgesetzes in Angriff nahm, führte zu lebhaften Erörte= 
rungen zwischen dem Reichskanzler und einigen Mitgliedern des Reichstags.
	        
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