Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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über die Oeffentlichkeit der mündlichen Verhandlung in Disziplinar- 
sachen — § 103 und 
über die Beschlagnahme bei Defekten — 88§ 141, 147. 
Von dem lebhaften Wunsche geleitet, ein Gesetz, welches die legislativen 
Faktoren des Reichs seit Jahren beschäftigt, und dessen Bedeutung für die Inter- 
essen des Reichs von keiner Seite verkannt ist, thunlichst zu fördern, sind die 
verbündeten Regierungen an die Prüfung jener Bedenken mit dem ernsten Willen 
herangetreten, dem Gelingen des Werkes ihre eigene Auffassung in allen den 
Fragen zu opfern, in welchen sie den Beschlüssen des Reichstags zustimmen 
können, ohne mit dem Geiste der Reichsverfassung und den unabweislichen An- 
forderungen des Reichsdienstes in Widerspruch zu geraten. Von diesem Gesichts- 
punkte aus haben sie geglaubt, auf alle Bedenken, mit Ausnahme der beiden 
nachfolgend zu erörternden, verzichten zu können. 
I. Die Vorlage der verbündeten Regierungen hatte in den § 19 die Be- 
stimmung aufgenommen, daß hinsichtlich der Steuerpflichtigkeit des Dienstein- 
kommens, der Wartegelder und Pensionen den aktiven und den aus dem Dienste 
geschiedenen Reichsbeamten gegenüber diejenigen gesetzlichen Bestimmungen zur 
Anwendung kommen sollten, welche an ihren Wohnorten für die Staatsbeamten 
maßgebend sind. Der Reichstag hat diese Bestimmung gestrichen. Für seinen 
Beschluß ist die Auffassung maßgebend gewesen, daß die hierbei vorzugsweise in 
Betracht kommenden Privilegien, welche in einigen Bundesstaaten den Staats- 
beamten in Bezug auf ihre Heranziehung zu den Gemeindeabgaben zustehen, für 
die Dauer nicht aufrecht zu erhalten seien, weil durch diese Exemptionen in 
ungerechtfertigter Weise in den Haushalt der Gemeinden eingegriffen werde, und 
daß es deshalb vermieden werden müsse, den bisherigen Umfang dieser Berech- 
tigungen durch Ausdehnung derselben auf die Reichsbeamten noch zu erweitern. 
Von einem näheren Eingehen auf die im Reichstag erörterte Frage, ob es 
politisch richtig sei, derartige Privilegien der Staatsbeamten zu schaffen oder 
fortbestehen zu lassen, ist um so mehr abgesehen worden, als dem § 19 nach 
seiner ursprünglichen Fassung die Absicht zu Grunde lag, dieselben den Reichs- 
beamten nicht allgemein und dauernd, sondern nur da, wo sie den Landesbeamten 
zustehen und nur so lange zuzuwenden, als sich die letzteren im Genusse dieser 
Immunitäten befinden würden. Träte der Fall ein, daß dieselben im ganzen 
Bundesgebiete fortfielen, so würden sie fortan auch für die Reichsbeamten nicht 
mehr in Anspruch zu nehmen sein. So lange sie aber in einzelnen Bundes- 
staaten bestehen, erfordert die Verfassung des Reichs, daß den Beamten desselben, 
soweit sie in den betreffenden Staatsgebieten wohnen, diejenigen Rechte zu teil 
werden, welche den Beamten in diesen Staaten zustehen. 
Die Berufsthätigkeit der Reichsbeamten ist Aufgaben gewidmet, welche allen 
Bundesstaaten gemeinsam sind; was sie für das Reich leisten, dient gleichmäßig. 
dem Interesse jedes einzelnen Bundesstaats; es erscheint daher als eine not-
	        
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