Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

— 388 — 
sich aber nur in der Form des Monopols oder des den inländischen Tabakbau 
gänzlich verbietenden englischen Systems oder aber in Form einer Handel und 
Verkehr auf das äußerste schädigenden Fabrikatsteuer erreichen. Von den beiden 
letzten Formen sei ohne weiteres abzusehen; auch die Einführung des Tabak- 
monopols, so hohe Erträge dadurch immerhin erzielt würden, sei schon durch 
die ganze finanzielle Lage des Deutschen Reiches ausgeschlossen, wozu als be- 
stärkendes Moment die Rücksicht auf eine im lebhaften Fortschritt begriffene 
Tabakfabrikation in Deutschland trete, deren Existenz das Monopol zum großen 
Teil vernichten würde. Die Ausschüsse hielten den Gedanken des Tabak- 
monopols überall nur gerechtfertigt in Zeiten großer Kalamitäten und Geldnot 
und deshalb die gegenwärtige Zeitlage in Deutschland hierfür um so weniger 
geeignet, als auch die öffentliche Meinung dieser Art der Veranlagung der 
Tabaksteuer völlig abgeneigt sei. Die Ausschüsse erkannten deshalb in ihrer 
Mehrheit, daß die Steuerkommission den einzig möglichen Weg für die höhere 
Besteuerung des Tabaks eingeschlagen, wenn sie auf der einen Seite eine Er- 
höhung des Eingangszolles für Tabak und Tabakfabrikate, auf der andern 
Seite eine entsprechende Steigerung der Steuer von inländischem Tabak, jedoch 
in der Form einer Ertragssteuer, in Vorschlag gebracht hatte. 
Die ihnen zur Entscheidung vorliegende Frage präzisirten die Ausschüsse 
hiernach dahin: „Ist die in der Vorlage vorgeschlagene Besteuerung des Tabaks 
geeignet, die Salzsteuer, wenn auch nur teilweise, zu ersetzen?“ Bei Erörterung 
dieser Frage wurde aus den statistischen Ermittlungen konstatirt, daß die Salz- 
steuer den Kopf der Bevölkerung mit 9 Sgr. belastet, daß mithin eine Familie 
von 5 Köpfen 1 Thaler 15 Sgr. Salzsteuer zu zahlen hat, während dagegen 
die vorgeschlagene Tabaksteuer einen Raucher bei einem nur gering angeschlagenen 
durchschnittlichen Jahresverbrauch von 1000 Cigarren oder 15 Pfund Tabak 
mit 1 Thlr. 12 Sgr. bis 1 Thlr. 15 Sgr. höher als bisher trifft, so daß 
eine Familie von 5 Köpfen, vorausgesetzt, daß nur ein Glied derselben raucht, 
in der erhöhten Tabaksteuer eine gleich hohe Steuer zu zahlen haben würde, 
als dieselbe bisher an Salzsteuer gezahlt hat. Es war nun zu Gunsten der 
Aufhebung der Salzsteuer hervorgehoben, daß diese jeden Kopf der Bevölkerung 
mit absoluter Notwendigkeit treffe, während dagegen die Tabaksteuer nur die 
männliche Bevölkerung belastet und immer nur einen Gegenstand des Genusses 
besteuere, dem jeder entsagen könne. Dagegen wurde indessen von der Ausschuß- 
mehrheit bemerkt, daß der Tabak namentlich bei den unbemittelten Schichten der 
Bevölkerung zu einem wirklichen, durch Gewohnheit eingebürgerten Bedürfnis 
geworden sei. Der Tabakgenuß helfe körperliche Anstrengung und Entbehrung 
leichter ertragen und überwinden; einen Beweis dafür lieferten die Erfahrungen 
des jüngsten Krieges, in welchem die Militärverwaltungen den Tabak in die 
Reihe der dem Soldaten täglich zu liefernden Lebensmittel mit voller Berechtigung 
aufgenommen hätten. Wolle man aber auch in thesi dem Tabak die Eigenschaft
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.