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bis jetzt durch Steuerfreiheit begünstigt, und eine Besteuerung erscheine um so
billiger, da die Steuer nicht die Unbemittelten treffe. Andererseits sei ein
Hineingreifen in die Stempelgesetzgebung, die im ganzen noch den Einzelstaaten
überlassen war, bezüglich einzelner Objekte nicht recht erwünscht; der Ertrag sei
kein sehr erheblicher, und Steuern, wie die hier vorliegende, enthielten immer
einen Anreiz zur Umgehung. Großes Gewicht wurde darauf gelegt, daß eine
Kompensation und zwar eine volle Kompensation für die Salzabgabe gefunden
werden solle, und daß es schwer halten würde, ein anderes passendes Steuer-
objekt ausfindig zu machen. In Bezug auf die verhältnismäßige Geringfügigkeit
des Ertrages kam endlich in Betracht, daß es sich um einen Anfang handele,
daß die ganze Materie zum erstenmale berührt werde und daß auf den weiteren
Fortgang der auf diesem neuen Gebiete zu erlangenden Resultate jetzt noch nicht
füglich ein Schluß gezogen werden könne. Es wurde in den Ausschüssen sonach
zur Frage gestellt, ob die von der Kommission vorgeschlagene Besteuerung der
Schlußscheine u. s. w. geeignet sei, die Salzabgabe teilweise zu ersetzen, und
diese Frage von der Majorität bejaht. Im übrigen schlugen die Ausschüsse
eine lange Reihe von Abänderungen und mit denselben die Annahme des
Börsensteuerentwurfes vor.1)
Der Bundesrat beschloß am 9. Mai 1873 einstimmig, die Tabak= und
Börsensteuer nicht an den Reichstag zu bringen. Beide Gesetze waren damitbeseitigt.
Aus Anlaß dieses Beschlusses richtete der Kanzler nachstehendes Schreiben
an den Präsidenten des Reichstags:
Berlin, den 24. Mai 1873.
Der vom Reichstage in der Sitzung vom 3. Juni 1872 gefaßte, durch
Ew. Hochwohlgeboren geehrtes Schreiben vom 19. desselben Monats mir mit-
geteilte Beschluß wegen Aufhebung der Abgabe vom Salze ist von dem Bundes-
rat einer ernstlichen Erwägung unterzogen worden. Es hat sich dabei eine
Uebereinstimmung der Ansichten dahin ergeben, daß der Frage von der Auf-
hebung jener Abgabe nur in dem Falle näher zu treten sei, daß es gelinge,
in anderweitigen Steuern einen Ersatz für den dadurch veranlaßten Ausfall
in den Einnahmen zu erlangen. Es ist demgemäß eine Kommission nieder-
gesetzt worden, welche die Aufgabe erhielt, über die im Falle der Auf-
hebung der Salzabgabe einzuführenden neuen Reichssteuern Vorschläge zu
machen. Die Kommission hat nach Beendigung ihrer Arbeiten als Surrogate
für die Salzabgabe eine wesentliche Erhöhung der inneren Abgabe sowie des
Zolles vom Tabak und eine Besteuerung der Schlußscheine, Lombard-Darlehen
und inländischen und ausländischen Wertpapiere vorgeschlagen, und zugleich
Entwürfe der über diese Gegenstände zu erlassenden Gesetze vorgelegt.
1) Wesentlicher Inhalt „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 76 von 30. März 1873
und Nr. 92 vom 20. April 1873. Von dem württembergischen Kommissar war im Laufe
der Beratung eine Erhöhung des Kaffeezolles von 51½ auf 7 Thaler vorgeschlagen.