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Mecklenburg aber doch seine Zustimmung. Auf Anregung des bayerischen
Bevollmächtigten wurde das allseitige Einverständnis darüber konstatirt, daß
durch das Gesetz das in der Reichsverfassung begründete Reservatrecht Bayerns
in Bezug auf die bayerischen Staats= und Privatbahnen nicht berührt werde.
Der württembergische Bevollmächtigte konstatirte, daß seine Regierung, indem sie
gegen das vom Reichstag beschlossene Gesetz stimme, ihre Bereitwilligkeit nicht
ablehne, bei dem Entwurf eines Gesetzes durch den Bundesrat mitzuwirken.
Der Großherzoglich hessische Bevollmächtigte stimmte dem Gesetzentwurf zu unter
Bezugnahme auf die bei der früheren Beratung abgegebenen Erklärungen. Der
Großherzoglich mecklenburgische Bevollmächtigte erklärte, die Großherzoglichen Re-
gierungen erachten die Uebertragung der verfassungsmäßigen Aufsicht über das
Eisenbahnwesen an eine Reichsbehörde für zweckmäßig, halten aber in dem vor-
liegenden Entwurf die Abgrenzung zwischen Aufsicht und Teilnahme an der
Verwaltung sowie die Bestimmung über die Entscheidung in Beschwerdefällen
den Vorschriften der Reichsverfassung nicht entsprechend. Der Bevollmächtigte
stimmte somit gegen den Entwurf. «
Zum Vorsitzenden respektive Präsidenten des demnächst errichteten Reichs-
Eisenbahn-Amts (Gesetz vom 27. Juni 1873, Reichs-Gesetzbl. S. 164) wurde
der Geheime Ober-Finanzrat Scheele ernannt. 1)
Nach diesem Gesetz hat in den Fällen, in welchen gegen eine von dem Reichs-
Eisenbahn-Amt verfügte Maßregel Gegenvorstellung erhoben wird auf Grund der
Behauptung, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgiltigen Vorschriften
nicht begründet sei, das durch Zuziehung von richterlichen Beamten zu ver-
stärkende Reichs-Eisenbahn-Amt über die Gegenvorstellung in kollegialer Beratung
zu befinden. Zu diesem Zwecke überreichte der Reichskanzler dem Bundesrat
ein Regulativ zur Beschlußnahme, welches den kollegialen Geschäftsgang und
die hierbei dem Präsidenten zustehenden Befugnisse ordnete.2)
Einführung des Einpfennigtarifs beim Transport von
Steinkohlen und Coaks auf süddeutschen Bahnen. Am 5. März
1873 3) legte der Reichskanzler dem Bundesrat die Rückäußerung der bayerischen
Regierung, betreffend die Einführung des Einpfennigtarifs beim Transport von
Steinkohlen und Coaks auf den süddeutschen Bahnen vor. Die Koöniglich
bayerische Regierung erklärte sich darin gegenüber den erhöhten Betriebsausgaben
der Bahnen und dem grellen Mißverhältnisse zwischen den Kohlenpreisen und
den Transportgebühren sowie der Flauheit des Verkehrs „nicht in der Lage,
1) Näheres über denselben im III. Bande.
2) Vgl. über das besagte Regulativ die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 304
vom 31. Dezember 1873 sowie die „National-Zeitung“ Nr. 526 vom 11. November 1873
und Nr. 605 vom 30. Dezember 1873.
3) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt.