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eine Aenderung des Kohlentarifs im Sinne der von den Konsumenten ge—
wünschten oder für den Fall normaler Zustände des Geld- und Warenmarkts
ihrerseits projektirten Ermäßigungen vornehmen zu können“.
Fernere Vorlagen des Reichskanzlers betrafen: den Entwurf eines neuen
Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands (Schreiben vom 25. No-
vember 1873) 1) und die Zulassung von Frachtbriefen im Eisenbahnverkehr,
welche die Bezeichnung des Gewichts des transportirten Gutes in Kilogrammen
ausdrücken (Schreiben, gez. Delbrück, vom 30. Juni 1873).2)
In der Sitzung des Reichstags vom 28. Mai 1873 bemerkte Bismarck
bei Empfehlung des auf die Errichtung eines Reichs-Eisenbahn-Amts gerichteten
Vorschlags, die Versuche, durch Heranziehung von Eisenbahnsachverständigen
als Mitglieder des Bundesrats eine Besserung in den Eisenbahnverhältnissen
anzustreben, seien erfolglos geblieben. 3)
7. Post- und Celegraphenwesen.
Posttaxwesen. In dem Bericht des Ausschusses für Eisenbahnen,
Post und Telegraphen über den Entwurf, betreffend einige Abänderungen des
Postgesetzes, sprach sich derselbe zunächst für das Bedürfnis einer Revision der
bestehenden Vorschriften aus. Aus dem jetzigen Tarife ergaben sich 1705 ver-
schiedene Taxsätze für die Postsendungen, was dazu geführt hatte, im Verkehr
mit dem Auslande, insbesondere auch mit Oesterreich, einen wesentlich verein-
fachten Tarif zur Geltung zu bringen, welcher die 18 Entfernungsstufen
des Reichs-Posttarifs auf 7 zusammenzog, und als Gewichtsprogression dem
Pfunde das Kilogramm substituirte. Dadurch wurde im internationalen Ver-
kehr die Zahl der Taxsätze. auf 350 vermindert. Der vorliegende Gesetz-
entwurf war der erste in einem größeren Verkehrsgebiet unternommene Versuch
eines einheitlichen Portos für Paketsendungen und begründete somit einen
Systemwechsel von um so größerer Bedeutung und Tragweite, als vorauszu-
sehen war, daß sich die Konsequenzen desselben auf die Gewichtsgrenze von
10 Pfund für die Dauer kaum würden beschränken lassen.
1) In Kohls Bismarck-Regesten gleichfalls unerwähnt. Vgl. darüber die „Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 283 vom 4. Dezember 1873 und die „National-Zeitung“
Nr. 490 vom 21. Oktober 1873.
2) Der S. 304 (Note) erwähnten Quelle zu entnehmen. In Kohls Bismarck-Regesten
gleichfalls unerwähnt.
3) Ueber die Stellungnahme des Bundesrats zu der Petition der Eisenbahnverwal-
tungen wegen des Meilenmaaßes, s. „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 284 vom 5. De-
zember 1873. Vorlage des Kanzlers, betreffend die Baukosten des Gotthardtunnels, „Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 591 vom 16. Dezember 1873. Antrag der vereinigten
Ausschüsse für Rechnungswesen, Eisenbahnen, Post und Telegraphen betreffs der Ent-
schädigung der deutschen Eisenbahnverwaltungen für Benutzung ihres Betriebsmaterials zu
Kriegszwecken, Nr. 68 vom 21. März 1873.