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im Reichs-Haushaltsetat für 1873 beschlossene Resolution legte der Reichskanzler
dem Bundesrat eine von dem Chef der Kaiserlichen Admiralität vorgelegte
Denkschrift, betreffend die Entwicklung der Kaiserlichen Marine
und die sich daraus ergebenden materiellen und finanziellen Forderungen, vor. 1)
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrate für das Seewesen und für Rechnungs-
wesen acceptirten in ihrem Bericht im wesentlichen den Inhalt der erwähnten
Denkschrift. Sie betonten, daß der Vergleich mit dem, was andere Staaten für
ihre Flotten verwenden, bei der wesentlichen Verschiedenheit in der militärischen
und politischen Stellung immer nur eine relative Bedeutung haben könne; an-
gesichts der gemeinsamen Fortschritte aber, sowohl der Technik als der Leistung
der Flotten aller Nationen, verkannten die Ausschüsse nicht, daß die Verpflich-
tung des Reichs zum Schutz der Handelsmarine und der Küsten die Bewilligung
einer Vermehrung der Geldmittel für die Flotte allerdings begründet, und daß
die Erfüllung dieser Pflicht sehr bedeutende Opfer beanspruche. Daran an-
knüpfend bemerkten die Ausschüsse, daß sie gleichwohl bei einzelnen Titeln eine
Abminderung vorschlagen müßten, um, ohne das zu erreichende Ziel zu ge-
fährden, die zu übernehmende Last so weit wie möglich zu erleichtern. Unter
diesen Gesichtspunkten stellten die Ausschüsse folgende Anträge: Der Bundesrat
wolle 1. dem neuen Flottengründungsplan im allgemeinen seine Zustimmung
erteilen, demnach die für die Jahre 1873—1882 geforderten außerordentlichen
Ausgaben unter Ermäßigung des Titels IV. (Ausbau der Werft zu Danzig)
auf 3070 300 Thaler und des Titels V. (Garnisonbauten) auf 3294 190 Thaler,
sowie unter Absetzung der Titel VII. (Verbindungskanal zwischen der Kieler
Bucht und dem Nord-Ostsee-Kanal) aufgeführten 10 Millionen Thaler, somit im
Gesamtbetrage von 72 812 500 Thalern genehmigen, 2. dem Hauptetat der Marine
für 1874 mit 5 430 027 Thalern an fortdauernden und 3643 200 Thalern an
einmaligen Ausgaben sowie 3. dem Nachtragsetat für 1873 mit einer Aus-
gabe von 31995 Thalern zustimmen und 4. über die Aufbringung der demnach
erforderlichen Geldmittel Beschluß vorbehalten, jedoch die außeretatsmäßigen
Extraordinaria für 1873 und 1874 mit 18019 390 Thalern auf die franzö-
sische Kriegskontribution und zwar auf die reservirten 1½ Milliarden über-
nehmen.
Strandungsordnung. Gegen den Schluß der Session legte der
Reichskanzler dem Bundesrat den Entwurf einer Strandungsordnung nebst
Motiven zur Beschlußnahme vor. Als Ergebnis der Beratungen der Ausschüsse
des Bundesrats für das Seewesen und das Justizwesen richteten dieselben einen
Antrag an den Bundesrat, dahin gehend: den in 19 Punkten abgeänderten
3) Ueber den Inhalt der Denkschrift vgl. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“
Nr. 65 vom 18. März 1873, Nr. 66 vom 19. März 1873 und „National-Zeitung“ Nr. 133
vom 20. März 1873.