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Ausschußvorschlägen bei. Gesetz vom 30. Mai 1873 (Reichs-Gesetzblatt
S. 123.)4)
Gründung des Reichs-Invalidenfonds. Hinsichtlich der Be-
dürfnisfrage herrschte bei den Bundesratsausschüssen für Landheer, Festungen
und für Rechnungswesen kein Bedenken, auch nicht über die Deckung der Mittel
aus der französischen Kriegskontribution (vgl. oben S. 238). Die Höhe des
auszusondernden Kapitalbetrages wurde bemängelt. Dieser Betrag konnte nur
nach Wahrscheinlichkeitsberechnungen gefunden werden, deren Faktoren zum Teil
nicht gewiß waren; man hatte allerdings die Berechnung in der Weise vorsichtig
aufgestellt, daß man sich vor zu geringen Annahmen gehütet hatte. Es wurde
nun hervorgehoben, daß die gemachten Annahmen doch zu hoch seien. Ungewiß
sei in den Berechnungen der dem Entwurfe beigefügten Denkschrift der noch zu
erwartende Zugang und insonderheit das Verhältnis der nichtpreußischen Corps.
Die Majorität der Ausschüsse entschied sich indes dafür, daß die Höhe des
Fonds und dessen schließliche Festsetzung auf 187 Millionen nicht zu beanstanden
sei. Zu hoch seien die gemachten Annahmen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.
Man habe sich dabei auf die gemachten Erfahrungen gestützt. Die Annahme
eines Zugangs von 20 Prozent bei den Unterklassen sei sogar eine ziemlich
geringe, man sei keineswegs ganz sicher, daß nicht der Zugang ein erheblich
stärkerer werde. Wie man an den Invaliden aus den Jahren 1813 bis 1815
erfahren, sei die Lebensdauer der Pensionäre und Hülfsbedürftigen keineswegs
eine verhältnismäßig kürzere. Auch werde man nicht in der Lage sein, mit
Strenge und Zurückhaltung zu verfahren, man werde alten Soldaten, die Leben
und Gesundheit zum Opfer dargeboten, doch zu Hülfe kommen müssen, und die
Ansprüche würden selbst in späteren Jahren keine geringen sein. Der bayerische
Bevollmächtigte erklärte die Zustimmung seiner Regierung, vorausgesetzt, daß
die selbständige Befugnis der bayerischen Militärverwaltung zur Feststellung,
Anweisung, Auszahlung und Detailverrechnung der das bayerische Heer be-
treffenden Kriegspensionen, Pensionszulagen, Erziehungsgelder und Beihülfen
nicht berührt werde. Man war der Ansicht, daß an der Kompetenz und den
ressortmäßigen Befugnissen der einzelnen Militärverwaltungen durch das zu er-
lassende Gesetz nichts geändert werden solle. Schließlich beantragten die Aus-
schüsse in § 1 einzuschalten: vom 1. Januar 1873 an, in § 2 ist zuzusetzen:
1) In der dritten Lesung des oben erwähnten Gesetzentwurfs forderte der Reichstag
den Reichskanzler auf, dafür Sorge zu tragen, daß die im § 2 des Gesetzes, betreffend die
Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, vom 25. Juni
1868 eingeräumte Befugnis, für Truppen in Garnison Quartiere für Mannschaften und
Stallung für Dienstpferde zu verlangen, jedenfalls in Reichsfestungen demnächst nicht
mehr in Anspruch genommen zu werden brauche. Der Ausschuß für das Landheer und
für die Festungen hatte sich für das Prinzip des Reichstags erklärt; die Angelegenheit
sollte im Reichs-Militärgesetz definitive Regelung erhalten.