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» Gesetz über das Reichseigentum an den von den Verwal—
tungen des Reichs besessenen Grundstücken. Ueber die Grundlagen
dieses aus der vorigen Session des Bundesrats (vgl. oben S. 316) herüber
genommenen Entwurfs wurde zwischen dem Bundesrat und dem Reichstag
nur mit Mühe ein Einverständnis herbeigeführt.
Im Bundesrat stimmte Württemberg (mit Sachsen) gegen den Gesetzentwurf.
In der Kommission des Reichstags bekämpfte Minister v. Mittnacht die
Annahme, daß schon zufolge der Reichsverfassung das betreffende Eigentum
ipso jure an das Reich übergegangen sei, er sprach sich sodann aber aus
Gründen der Zweckmäßigkeit und Rechtsklarheit dafür aus, daß die Frage des
Eigentums für die Zukunft wie für die Vergangenheit gleichmäßig geregelt werde.
Die Kommission war nach S. 314 ihres Berichts einstimmig der Meinung,
daß dieser Verschiedenheit der Auffassung eine praktische Bedeutung nicht bei-
gelegt werden dürfe.
Den Beschlüssen des Reichstags zu dem Gesetzentwurf stimmte der würt-
tembergische Minister im Bundesrat mit der Erklärung zu, daß die württem-
bergische Regierung, indem sie das Eigentum des Reichs an den zum dienstlichen
Gebrauch der Militärverwaltung bestimmten Gegenständen anerkenne, für die
Ausführung des Gesetzes die aus der württembergischen Militärkonvention sich
ergebenden Rechte und Zuständigkeiten wahre. Gesetz vom 25. Mai 1873
(Reichs-Gesetzbl. S. 113).
In der Presse waren über die Stellung Mittnachts zu diesem Gesetze ganz
falsche Auffassungen verbreitet worden; es hieß, er habe dieselbe grundsätzlich
bekämpft, was doch gar nicht zutraf. 1)
Verteilung der Matrikularbeiträge auf die einzelnen Bundes-
staaten. Die Frage, ob diese Verteilung in Zukunft lediglich nach Maßgabe
der ortsanwesenden Bevölkerung zu bewirken sei, wie die Bundesratsausschüsse im
Anschluß an das Ergebnis der letzten Volkszählung und zwar auf den Antrag
der preußischen Regierung beantragt hatten, wurde vom Bundesrat vorläufig
verneinend beantwortet. Es wurde beschlossen, für das nächste Jahr an dem
bisherigen Maßstab der ortsanwesenden und staatsangehörigen Bevölkerung
festzuhalten, die Frage aber in der Zwischenzeit einer näheren und eingehenden
Erörterung zu unterziehen. Die Mehrheit des Bundesrats war zudem darüber
einverstanden, daß die Abänderung des bisherigen Maßstabes nicht nur allein
1) „National-Zeitung“ Nr. 140 vom 24. März 1873; die „Spenersche Zeitung“
verstieg sich bis zu dem Satze: „Angesichts dieser Thatsachen kann man dreist behaupten,
daß niemals eine unmotivirtere, den eigenen Interessen des zu vertretenden Staats mehr
ins Gesicht schlagende Opposition gegen ein Reichsgesetz dagewesen ist als die, welche Herr
v. Mittnacht in der Kommission versuchte.“ Ueber die Stellung des Präsidenten Delbrück
und des Bundesrats zu den Reichstagsbeschlüssen s. „National-Zeitung“ Nr. 175 vom
16. April 1873.