Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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teiligung an der deutschen Verfassung und in den Genuß der darauf begrün— 
deten politischen Rechte eintreten. 
Auch nach Einführung der Verfassung und bis zu anderweiter gesetzlicher 
Regelung sollte der Kaiser unter Zustimmung des Bundesrats, 
während der Reichstag nicht versammelt ist, Verordnungen mit gesetzlicher Kraft 
erlassen können. „Dieselben dürfen nichts bestimmen, was der Verfassung oder 
den in Elsaß-Lothringen geltenden Reichsgesetzen zuwider ist, und sich nicht auf 
solche Angelegenheiten beziehen, in welchen die Zustimmung des Reichstags 
erforderlich ist. Solche Verordnungen sind dem Reichstage bei dessen nächstem 
Zusammentritt zur Genehmigung vorzulegen. Sie treten außer Kraft, sobald 
die Genehmigung versagt wird.“!) 
In einer Reichstagsrede vom 16. Juni 1873 verwahrte sich Bismarck 
dagegen, daß der Kaiser von dem Recht, in Elsaß-Lothringen Verordnungen 
mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassen, in der Weise Gebrauch machen 
könnte, daß der Bundesrat eine ihm bekannte gegenteilige Ansicht des Reichs- 
tags zur Geltung bringen würde. 
Noch einmal hatte der Reichstag die Entscheidung über die Publikation 
dieses Gesetzes in die Hände des Bundesrats zurückgelegt, indem er den Ent- 
wurf nur mit einer Veränderung bezüglich des Wahlrechtes der Scheinoptanten 
genehmigte. Auch über diesen Punkt ging der Bundesrat hinweg. Gesetz vom 
25. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 161). 
Durch die Bestimmung des § 6 dieses Gesetzes war die vorläufige Ab- 
grenzung der für die Reichstagswahlen in Elsaß-Lothringen zu bildenden Wahl- 
kreise dem Bundesrate vorbehalten. Der Reichskanzler legte auf Grund dessen 
dem Bundesrat unterm 18. Oktober 18732) den Entwurf einer Bekannt- 
machung zur Beschlußnahme vor, welcher die gedachte Abgrenzung in 15 Wahl- 
kreise enthält. 
Elsaß-lothringische Vorlagen. Das Arbeitsfeld des Bundesrats 
war in dieser Session, wie ein Blick in das Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen 
ersehen läßt, groß, zu Meinungsverschiedenheiten war aber wenig Anlaß. 
Bei der Beschlußfassung des Bundesrats über den Gesetzentwurf wegen 
des außerordentlichen Geldbedarfs für die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringens) 
wurde auf Anregung des bayerischen Bevollmächtigten das Einverständnis 
darüber konstatirt, daß in gleicher Weise, wie in den bisher dem Bundesrat 
und Reichstag vorgelegten Etats, die Beträge, welche aus Reichsmittteln für 
die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen verwendet werden, ersichtlich gemacht 
1) Vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 249 vom 31. Mai 1873. 
2) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt. Vorlage, betreffend das Wahlreglement 
für die Reichstagswahlen, „National-Zeitung“ Nr. 565 vom 4. Dezember 1873. 
3) „National-Zeitung“ Nr. 165 vom 8. April 1873.
	        
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