— 115 —
der durch den Krieg veranlaßten Verhältnisse bedarf es nur des Hinweises auf
den Invalidenfonds, die Umgestaltung der deutschen Festungen, die Ausbildung
der deutschen Marine, die Kriegsleistungen u. s. w., um die Bedeutung der
Session auch in dieser Beziehung ins richtige Licht zu stellen. Bedeutsam war ferner
die volle Einführung Elsaß-Lothringens in das politische Leben Deutschlands.
Den Beschluß des Reichstags auf Gewährung von Diäten und Reisekosten
an die Abgeordneten lehnte der Bundesrat auch diesmal wieder ab, gewährte
aber eine Abschlagszahlung durch Einräumung freier Fahrt der Abgeordneten
auf allen deutschen Eisenbahnen während der Dauer der Session. Daß diese
letztere Konzession mit Bewilligung Bismarcks geschah, kann mit Sicherheit an—
genommen werden.
Umgekehrt verweigerte aber auch der Reichstag mehrere von dem Bundes—
rat verlangte Gesetze; so gewährte er dem letzteren zum Beispiel nicht die
Waffen, die er für nötig hielt, um die auf gewerblichem Gebiete durch indi—
viduelle Willkür eingetretenen Störungen der nationalen Arbeit zu beseitigen
(Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung in Bezug auf die
Kontraktbrüchigkeit der land= und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmer und Arbeit-
geber).
Von kapitalen Vorlagen des Bundesrats blieb aber im Reichstag nur eine
unerledigt, das allgemeine Militärgesetz, welches in der Reichsverfassung ver-
heißen und durch die Erweiterung des deutschen Heeres zu einer Notwendigkeit
geworden war. Diese Unterlassung war aber mehr die Folge einer augenblick-
lichen Erlahmung der an Mühen und Erfolgen reichen Reichstagssession und
nicht die einer grundsätzlichen Opposition gegen die Politik Bismarcks, die sich
in den drei ersten Jahren des Reichs als ebenso groß, weitsichtig und versöhn-
lich gezeigt hatte, wie sie es in den folgenden siebenzehn Jahren bis zu seinem
Rücktritte geblieben ist.
Seit dem Jahr 1872 war der Bundesrat zweier seiner tüchtigsten Mit-
glieder beraubt worden: dem Ausscheiden des zum hessischen Ministerpräsidenten
ernannten Großherzoglichen Gesandten Hofmann folgte 1873 die Uebersiedelung
des bisherigen mecklenburgischen Bevollmächtigten v. Bülow in das Berliner
Auswärtige Amt. Die Kräfte, welche die kleineren Staatswesen zur Verfügung
haben, sind nicht so zahlreich, daß diese Lücke leicht hätte ausgefüllt werden
können.