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Spitzemberg vorgestellt. Mit großer Begeisterung erzählte er von den Ein—
drücken aus Italien, von dem Enthusiasmus, dem er dort für Deutschland
begegnet. Sie suchen dort nur nach einem Finanzminister. — Die Frau Kron-
prinzessin war kurz anwesend und vorzugsweise von Angehörigen der national-
liberalen Partei umgeben.
Das Fest ging in den Gartensälen und im Freien vor sich. Ein weiter
Raum der Gartenanlagen war mit Tausenden von Lampen erhellt, welche
den grünen Rasen umsäumten und aus den Bäumen wie goldene Aepfel
erglänzten.
Bismarck kam spät erst, zum erstenmal seit langer Zeit in Zivilkleidern.
„Ich thue immer, was man mir befiehlt.“ Er sprach auch mit mir einige
Worte vom längeren Hierbleiben u. s. w., worauf ich erwiderte: Wir wollen
die nächste Woche recht fleißig sein, dann können wir nach vierteljähriger Ab-
wesenheit vielleicht doch endlich nach Hause zurück. Allerdings müssen wir die
jetzt für unsere Reformen günstige Zeit benützen, wir wissen nicht, ob sie später
wiederkehrt. „Gewiß," erwiderte er, „was man dem Augenblicke ausgeschlagen,
bringt keine Ewigkeit zurück.“ Er werde gleich nach dem Schlusse des Nord-
deutschen Reichstags auf drei Monate in Urlaub gehen und keinem Menschen
sagen, wohin; er werde auf einer Station aussteigen und dann verschwinden.
Um zehn Uhr wurde zurückgefahren, und um halb zwölf machten sich sofort
die Vergnügungslustigen auf den Weg nach Kiel, wo sie heute auf der preußischen
Flotte bewirtet werden sollen. Morgen ist großes Fest in Hamburg. Linden,
der alte General Steinmetz mit seiner jungen Frau, Gesandte, Bundesräte,
Demokraten, Nationalliberale, — alles durch einander ist auf der Suite. Nur
wenige Arbeitsbienen, die zu referiren haben, sind zurückgeblieben, damit die
anderen Herren bei ihrer Rückkehr sofort wieder angerichtet finden.
Am 21. Mai war Frühstück in der Börse. Bismarck wiederholte Völks
Aeußerung: „Es ist Frühling geworden in Deutschland.“ Am 29. Mai große
Revue. Am 30. Mai Heimkehr.
*
Bei den folgenden Missionen Rieckes nach Berlin ist derselbe wohl mit
Bismarck noch öfter zusammen gewesen, ein Gespräch hat aber nicht mehr
stattgefunden. Nur in der Bundesratssitzung vom 9. April 1872 hatte Riecke
noch als Ausschußreferent die Exigenz von 400 000 Thalern für Kosten der
Wiener Weltausstellung direkt gegen Bismarcks, dem Ausstellungswesen überhaupt
abgeneigten Einwendungen mit Erfolg zu verteidigen.
Riecke und andere haben bei Konstituirung des Deutschen Reichs resp. in
der ersten Zeit des Bundesrats Preußen (Camphausen) vergeblich für die Idee
zu gewinnen gesucht, das elsaß-lothringische Tabakmonopol auf das ganze Reich
zu übertragen.