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Staatsminister v. Rössing.
ef. Bd. I. S. 288.
Ueber den Staatsminister v. Rössing ist mir nachträglich noch ein in der
„Oldenburger Zeitung“ Nr. 153 vom 4. Juli 1874 veröffentlichter Nekrolog
zugegangen, aus dem ich hier einige Stellen wiedergeben will, weil derselbe
berufenen Händen entstammt. Im Januar 1805 geboren, gehörte Herr v. Rös-
sing einer ursprünglich in Hannover ansässigen, seit dem vorigen Jahrhundert
auch in dem jetzt oldenburgischen Münsterlande begüterten Familie an.
Bald nach Beendigung seiner Universitätsstudien — am 24. April 1829
— ward er zuerst als Auditor beim Amt Berne angestellt und fungirte während
der nächsten sieben Jahre in gleicher Stellung bei verschiedenen anderen Aemtern,
namentlich in Bockhorn, Delmenhorst und Westerstede. In den eigentlichen
Justizdienst trat er als Assessor bei dem damaligen Landgerichte zu Vechta im
Anfang des Jahres 1837 und ward von dort im April 1843 an die vor-
malige Justizkanzlei in Oldenburg versetzt. In dieser Stellung, in welcher ihm
demnächst auch Funktionen bei den damaligen Militärbehörden (dem Militär-
kollegium und dem Militär-Obergericht) übertragen wurden, fand ihn der Aus-
bruch der Bewegung des Jahres 1848. Seinem Hofe hatte ihn der Groß-
herzog Paul Friedrich August schon früher attachirt, nachdem er ihn 1838 zum
Kammerjunker und 1846 zum Kammerherrn ernannt hatte.
Der Bewegung des Jahres 1848, welche auch in Oldenburg die altein-
gebürgerten Zustände und Einrichtungen nach vielen Seiten in Frage stellte,
blieb Herr v. Rössing persönlich fern; als aber in die Verfassung vom 11. März
1849 Bestimmungen Eingang fanden, welche den Rechtszustand des Landes auf
das bedenklichste zu gefährden schienen und namentlich die Ablösungsverhältnisse
der gegenseitigen Rechtsansprüche auf. Es darf bezweifelt werden, daß die preußische Re-
gierung diese Pflicht bei Erlaß der Präsidialverordnung vom Dezember v. J., welche den
Hagenschen Antrag hervorgerufen hat, genügend gewahrt hat. Sie hat dadurch nur selbst
dem hessischen Regierungsbevollmächtigten eine Stellung geschaffen, mit der an sich kein
Freund der Bundesinstitutionen einverstanden sein kann. Wundern darf man sich freilich
nicht, daß die Vertreter der verschiedenen Bundesregierungen im Bundesrat nicht den Ein-
druck einer einheitlichen Bundesregierung nach außen und vor dem Parlamente hervor-
zurufen und zu befestigen bestrebt sind, wenn der preußischen Regierung nahestehende
Blätter nicht einmal die Einheit der preußischen Regierungsbevollmächtigten im Bundes-
rat und vor dem Reichstag aufrecht zu erhalten wissen, sondern geflissentlich den Eindruck
solcher Einheit zu zerstören bemüht sind. Einen andern Zweck kann schwerlich die folgende
Bemerkung der gestrigen „Kreuz-Zeitung“ haben: „Es fällt auf, daß der Präsident des
Bundeskanzler-Amts sich bei der Verhandlung der Steuerfragen im Reichstag in einer
gewissen neutralen Reserve hält. Es kann dies kaum dazu beitragen, das Durchbringen
der Vorlagen zu fördern.“