Seine treue Anhängerschaft an Bismarck gab er auch nicht auf, als dieser
den Kulturkampf aufnahm; denn er sah in der katholischen Kirche als politischer
Partei die Feindin des Deutschtums und darin eine Macht erstehen, die dem
Deutschen Reiche verhängnisvoll werden würde.
Als aber das Jahr 1878 kam, das die erschütternden Attentate gegen
das Leben des Kaisers brachte, vollzog sich auch in ihm eine Wandlung; er
bekannte freimütig, daß die liberalen Ansichten seine Partei (die nationalliberale)
wie ihn zu weit nach links geführt hätten und daß Umkehr in jeder Beziehung,
auch für die Regierung, vonnöten sei. Er neigte seitdem weit entschiedener
als früher konservativen Anschauungen zu.
Senator Dr. Curtius.
ek. Bd. I. S. 115.
Theodor Curtius war am 6. März 1811 zu Lübeck als Sohn des
Syndikus Dr. Georg Curtius geboren, der lange Zeit hindurch die alte Hanse-
stadt am Bundestage vertreten hatte. Während die beiden jüngeren Brüder,
Ernst, der bekannte Archäologe und spätere Wirkliche Geheime Rat Professor
Dr. Curtius in Berlin, sowie Georg, der nicht minder als Sprachforscher be-
rühmt gewordene Professor an der Universität Leipzig, ihre Vaterstadt schon
nach Vollendung ihrer Gymnasialbildung verlassen hatten, kehrte Theodor Curtius,
nachdem er in Heidelberg und Göttingen dem Studium der Rechtswissenschaft
obgelegen, 1834 nach Lübeck zurück, um sich dort als Rechtsanwalt nieder-
zulassen.
Schon früh erfüllt von dem lebhaften Streben, seiner Vaterstadt zu nützen
und eine gesunde Fortentwicklung der staatlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse,
die damals einer gewissen Stagnation verfallen waren, herbeizuführen, be-
schäftigte sich Curtius neben gewissenhafter Besorgung seiner Berufspflichten
vielfach mit publizistischen Arbeiten. Die bald erworbene Bekanntschaft mit den
öffentlichen Zuständen, nie ermüdende Arbeitskraft, große Gewandtheit im
mündlichen und schriftlichen Ausdruck, klarer Verstand, vorausschauender Blick,
die Festigkeit und Lauterkeit des Charakters erwarben Curtius bald das all-
gemeine Vertrauen seiner Mitbürger. Nachdem er sich bereits vielfach durch
Mitwirkung bei kommissarischen Beratungen über die Reform wichtiger Ver-
waltungszweige bewährt hatte, ward Curtius am 23. Februar 1846 von dem
Senate zu dessen Mitgliede erwählt. Im Laufe der vierzig Jahre, während
welcher Curtius dem Senate angehörte, war er berufen, die Leitung der Ver-
kehrsangelegenheiten, namentlich des Postwesens und der Eisenbahnsachen, sowie
der Handels= und Schiffahrtsangelegenheiten, ferner des Militärwesens, zeitweilig
auch des Unterrichtswesens zu übernehmen. Die hervorragendsten Verdienste
hat sich Curtius auf dem diplomatischen Gebiete erworben. Dreimal, in den