Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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sache das Werk von Curtius, der schon frühzeitig einsah, daß Preußen allein 
berufen und befähigt sei, die Führung des nach Einheit ringenden Deutschlands 
zu übernehmen. Auf einer am 21. Juni 1866 in Hamburg stattgehabten 
Konferenz trat er mit voller Entschiedenheit für den Anschluß der Hansestädte 
an Preußen ein und zog die zaghaften Schwesterstädte mit sich fort. Gleich 
nach den entscheidenden Schlachten fand Graf Bismarck Zeit, den Gesandten 
v. Richthofen zu einem Erlaß vom 10. Julil) an Senator Dr. Curtius zu 
beauftragen. In demselben heißt es: 
„Seine Majestät der König hat aus den von dem hohen Senate und der 
Bürgerschaft zu Lübeck gefaßten Beschlüssen einen erneuten Beweis der Wür- 
digung Allerhöchstseiner dem Heile und der Entwicklung Deutschlands ge- 
widmeten Bestrebungen gewonnen, welcher ihm um so teurer ist, als derselbe 
von einer Stelle kommt, die sich von jeher durch ein klares Verständnis jener 
großen Interessen und eine immer bewiesene Opferwilligkeit für dieselben her- 
vorgethan hat. Für Seine Majestät den König, Allerhöchstwelcher das wichtige 
Element der Hansestädte in Deutschland besonders würdigt und die immer 
kräftigere Entwicklung derselben zum allgemeinen Heile des Vaterlandes zu 
fördern trachtet, ist es daher sehr befriedigend gewesen, Sich von der Regierung 
und Bürgerschaft Lübecks in so patriotischer Weise unterstützt zu sehen. Der 
ganz ergebenst Unterzeichnete hat aus dem königlichen Hauptquartier in Böhmen 
den ausdrücklichen Auftrag erhalten, dem hohen Senate von Lübeck auszusprechen, 
daß Seine Majestät der König die spontane und rechtzeitige Entschlossenheit, 
mit welcher Lübeck mit der Schwesterstadt Bremen diesen patriotischen Weg be- 
treten hat, in vollem Maße zu schätzen weiß und dieses Vorangehens eingedenk 
sein werde." 
Bei den Verhandlungen über den Entwurf der Verfassung des Nord- 
deutschen Bundes, zu dem Preußen Regierungsvertreter der Norddeutschen 
Staaten auf den 15. Dezember 1866 eingeladen hatte, war es die Aufgabe 
des von Lübeck abgeordneten Senators Dr. Curtius, auf den Gedanken eines 
Bundesstaates mit Offenheit und Aufrichtigkeiti einzugehen und von der Ver- 
folgung partikularistischer Interessen Abstand zu nehmen. Zugleich aber mußte 
dahin gewirkt werden, daß der Leistungsfähigkeit Lübecks, welches durch die 
großen finanziellen Opfer in Anlaß der Ausführung der Eisenbahnbauten nach 
Büchen und Hamburg nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch zu Gunsten 
Lauenburgs und Holsteins sehr geschmälert worden war, Rechnung getragen 
werde, insbesondere dadurch, daß Lübeck der Ausfall an Ueberschüssen des Post- 
wesens weniger fühlbar gemacht, und daß der Uebergang in Bezug auf die 
militärischen Leistungen und auf das Zollwesen erleichtert werde. In allen 
diesen Beziehungen fand Curtius, der sich in den Konferenzen auch bei der 
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
	        
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