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Im Ausschuß des Bundesrats war eine Einigung nur bezüglich des von
dem Präsidium ausgehenden Vorschlages, den Zoll auf Reis, ohne Unterschied
ob geschält oder ungeschält, auf 15 Sgr. für den Zentner zu ermäßigen, nicht
erzielt worden. Dieser Antrag wurde vom Bundesrat abgelehnt, 1) im übrigen
wurden von demselben durchweg die Ausschußvorschläge angenommen. Die
großen Kontroversen von Schutzzoll und Freihandel traten nicht hervor.
Dagegen beschwerte sich Baden, daß einzelne Positionen des Tarifs im
Bundesrat förmlich durchgepeitscht worden seien, so daß es den Bundesregie-
rungen nicht möglich war, sich über die Tragweite der Vorschläge ein deut-
liches Bild zu machen. Die badischen Bevollmächtigten waren angewiesen, diese
Unzuträglichkeit zu konstatiren, den Wunsch auszusprechen, daß zur Prüfung
von Anträgen auf Tarifänderungen eine geräumigere Frist gelassen werden möge
und Verwahrung dagegen einzulegen, daß aus der zustimmenden Erklärung, die
sie zur Sache abgaben, ein Präzedenzfall erwachse. Bismarck erinnerte an die
außergewöhnlichen Verhältnisse, unter denen diesmal die Vorlagen für das Zoll-
parlament beschafft werden mußten.
Die Tarifvorlage wurde schließlich von Bismarck zurückgezogen, nachdem
das Zollparlament den Petroleumzoll abgelehnt hatte, mithin die Mittel zur
Deckung anderweitig beabsichtigter Erleichterungen nicht vorhanden waren. Der
Beschluß des Bundesrats, betreffend die Zurückziehung der Tarifvorlage, war
erfolgt auf den Vortrag Delbrücks unter ausdrücklicher Zustimmung Bismarcks.
Eine Abänderung der Zuckersteuer hatte Bismarck nicht in die Tarif-
reform aufgenommen. 2)
Die von Preußen im Bundesrat angekündigte weitere Ermäßigung der
Eisenzölle wurde vertagt, da Bismarck die Herabsetzung der Eisenzölle bei
politik nachgebildeten Vorschlages, Einnahmeausfälle bei den Zöllen durch eine Erhöhung
der indirekten Besteuerung (Tabak, Petroleum) zu decken, iu der „National-Zeitung“ Nr. 174
vom 14. April 1868.
1) Ueber die Tarifresorm im Stadium der Ausschußberatung vgl. die „National-
Zeitung“ Nr. 181 vom 18. April 1868, Bewegung im Schoß der Industriellen gegen
die Tarifreform „National-Zeitung“ Nr. 186 vom 21. April 1868, Ausschußbericht „National=
Zeitung“ Nr. 202 vom 30. April 1868.
2) Auf die Eingabe des Handelstags-Ausschusses an den Grafen Bismarck
erfolgte nachstehende, in Kohls Bismarck-Regesten nachzutragende Antwort vom 10. April
1868: „Indem ich dem bleibenden Ausschusse des deutschen Handelstages auf das gefällige
Schreiben vom 6. d. M. ergebenst erwidere, daß ich dasselbe zur Kenntnis des Bundes-
rats des Zollvereins bringen werde, kann ich nicht unbemerkt lassen, daß es nicht in der
Absicht des Präsidiums liegt, dem demnächst zusammentretenden Zollparlamente Vorlagen
wegen Aenderung der Besteuerung des Zuckers zu machen. Der Vorsitzende des Bundes-
rats des Zollvereins. Im Auftrage: Delbrück.“