Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Den auf Antrag Bambergers gefaßten Beschluß des Zollparlaments: 
„Den Bundesrat zu ersuchen, dahin zu wirken, daß den Beschwerden 
abgeholfen werde, zu welchen im Großherzogtum Hessen das Zusammen- 
treffen der herabgesetzten Weinzöllei) mit dem bestehenden System der 
indirekten Steuern Anlaß gibt", 
lehnte der Bundesrat auf das Gutachten der vereinigten Ausschüsse für Zoll- 
und Steuerwesen und für Handel und Verkehr 2) ab. 
In der Sitzung des Zollparlaments vom 29. April 1868 beschloß das- 
selbe, den Vorsitzenden des Zollbundesrats aufzufordern, in Ansehung der Ab- 
weichungen des bayerischen Gesetzes über die Wahl der Abgeord- 
neten zum Zollparlament von dem Gesetze, auf Grund dessen die Wahlen 
zum ersten Reichstag des Norddeutschen Bundes stattgefunden hatten, für voll- 
ständige Ausführung der Bestimmungen im Artikel 9 § 1 des Vertrages vom 
8. Juli 1867 Sorge tragen zu wollen. Ein weiterer Beschluß des Zollparla- 
ments stellte an Bismarck das Ersuchen, durch Benehmen mit der württem- 
bergischen Regierung darauf hinzuwirken, daß hinfort mit Württemberg 
eine, dem Sinne des Vertrages vom 8. Juli 1867 und des Reichswahlgesetzes 
sowie der Praxis der meisten anderen zollverbündeten Staaten homogenere Aus- 
führung der Wahlen veranlaßt werde. 
Der Ausschußreferent, mecklenburgischer Staatsrat v. Müller, konstatirte, 
daß die Bestimmungen, welche das aktive Wahlrecht an die Landesangehörigkeit 
bezw. das Staatsbürgerrecht knüpfen, vollkommen dem Vertrage entsprechen, 
und Präsident Delbrück führte aus, daß es gegen den Vertrag gewesen wäre, 
wenn Nicht-Württembergern oder Nicht-Bayern (also Norddeutschen oder anderen 
Süddeutschen) das Wahlrecht in diesen Staaten zugestanden worden wäre. 
Ueberhaupt wurde anerkannt, daß das württembergische Wahlgesetz in jeder 
Beziehung den Erfordernissen des Vertrages entspreche. Uebereinstimmend wurde 
an dem Satze festgehalten, daß der Bundesrat in der vorliegenden Frage nicht 
in der Weise zuständig sei, um durch Majoritätsbeschlüsse entscheiden zu können, 
weil es sich lediglich um eine Vertragsbestimmung handle, wobei es jedem Kon- 
trahenten frei bleiben müsse, ob er seinerseits die Erfüllung des Vertrages durch 
einen Mitkontrahenten als vollständig anerkennen wolle oder nicht. Nur in 
diesem Sinne wurde der Antrag gestellt und genehmigt, die Beschlüsse des Zoll- 
1!) Ein Reskript Delbrücks an den Abgeordneten Dr. Braun in Sachen der Herab- 
setzung des Weinzolls findet sich erwähnt in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ 
Nr. 45 vom 22. Februar 1868. 
2) Mitteilungen über die Ausschußverhandlungen in der „National-Zeitung“ Nr. 308 
vom 4. Juli 1868, Nr. 311 vom 7. Juli 1868, Nr. 320 vom 11. Juli 1868, Nr. 329 
vom 17. Juli 1868.
	        
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