Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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der beiden Mecklenburg, Lübecks, Bremens und Hamburgs abgelehnt und so— 
dann der ganze Entwurf in der Fassung des Ausschußberichts mit der aus den 
obigen Beschlüssen sich ergebenden Modifikation mit allen gegen die Stimmen 
Württembergs und Hessens angenommen. 
In der Sitzung des Bundesrats vom 22. Juni 1869 beschloß derselbe 
auf den Vortrag Bismarcks einstimmig, dem Gesetzentwurf in der ihm durch 
die Beschlüsse des Zollparlaments in der zweiten Lesung gegebenen Fassung 
(Ablehnung des Petroleumzolls) die Zustimmung zu versagen. ) Damit war die 
Revision des Zolltarifs, und zwar lediglich aus finanziellen Erwägungen, wiederum 
auf ein Jahr vertagt. Der Regierung wurde von nationalliberaler Seite, aber 
sehr zu Unrecht, der Vorwurf gemacht, daß die Eröffnung neuer und vermehrter 
Einnahmen für die verbündeten Regierungen der eigentliche Zweck der dem 
Zollparlament gemachten Vorlagen und die im Gewande einer Tarifreform 
auftretenden Vorschläge nur dekorative Beigaben gewesen seien. 
Allgemeine Einführung einer dreimonatlichen Zollkredit- 
frist.7) Die Ausschüsse sprachen sich in ihrer Majorität für die Fest- 
setzung einer dreimonatlichen Frist als Minimum für die Bewilligung aller 
Zollkredite innerhalb des Zollvereins aus, wogegen eine Minorität für die 
Festsetzung einer drei= und neunmonatlichen Zollkreditfrist, je nachdem der Zoll- 
kredit Kaufleuten oder Fabrikanten bewilligt werde, als Maximum sich erklärte. 
Ferner wurde mit sieben gegen drei Stimmen beschlossen, daß der gefaßte Be- 
schluß erst am 1. Oktober 1870 in Wirksamkeit treten solle, und daß den 
einzelnen Vereinsregierungen die Verkürzung der bestehenden längeren Kredit- 
fristen mit der Maßgabe zu überlassen sei, daß jedenfalls alle vor dem 1. Ok- 
tober 1870 kreditirten Zollbeträge bis zum 1. Januar 1871 bar eingezahlt 
werden müssen. 
Bei der Plenarberatung stellte der badische Bevollmächtigte Freiherr 
v. Türckheim den Antrag, die längste Frist, welche zur Berichtigung gestundeter 
1) In der Sitzung des Zollparlaments vom 21. Juni hatte Bismarck erklärt: „Sie 
haben gewünscht, der Zollbundesrat möge sich über seine ferneren Absichten äußern; das 
ist unmöglich. Der Zollbundesrat kann sich nicht vorweg mit allen Eventualitäten be- 
züglich Ihrer Beschlüsse befassen, gewissermaßen Ihre eventuellen Beschlüsse begleiten. Die 
Anträge des Zollbundesrats präsentiren sich Ihnen in dem Ihnen vorgelegten Gesetz- 
entwurfe; haben sie Ihre Beschlüsse definitiv gefaßt, dann, aber auch erst dann, kann der 
Zollbundesrat seinerseits beschließen. Ich kann also nicht im Namen des Zollbundesrats 
eine Erklärung abgeben, sondern nur als Organ des Präsidiums mitteilen, in welcher 
Richtung vorzugehen ich entschlossen bin und für meine Pflicht halte.. Ich erkläre daher, 
daß jede Aenderung des Zolltarifs, welche von dem Petroleumzoll 
nicht begleitet ist, die Zustimmung des Präsidiumsnicht finden wird.“ 
2) Vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 192 vom 27. April 1869, Nr. 249 vom 2. Juni 
1869, Nr. 285 vom 23. Juni 1869, Nr. 297 vom 30. Juni 1869 und die „Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung“ Nr. 126 vom 3. Juni 1869.
	        
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