Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Doppelspiel der Wochenblattspartei. 111 
bezeichnete und später in Flugschriften den Prinzen Albert als den 
gefährlichsten Gegner seiner befreienden Anstrengungen denunciren 
ließ, von diesen Hülfen wurde die Gestaltung der deutschen Zu— 
stände mit Sicherheit vorhergesagt, welche später von der Armee 
des Königs Wilhelm auf den Schlachtfeldern erkämpft worden ist. 
Die Frage, ob Palmerston oder ein andrer englischer Minister 
geneigt sein würde, Arm in Arm mit dem gothaisirenden Liberalis— 
mus und mit der Fronde am preußischen Hofe Europa zu einem 
ungleichen Kampfe herauszufordern und englische Interessen auf 
dem Altar der deutschen Einheitsbestrebungen zu opfern, — die 
weitere Frage, ob England dazu ohne andern continentalen Bei- 
stand als den einer in coburgische Wege geleiteten preußischen 
Politik im Stande sein würde — diese Fragen bis an's Ende 
durchzudenken, fühlte niemand den Beruf, am allerwenigsten die 
Fürsprecher derartiger Experimente. Die Phrase und die Bereit- 
willigkeit, im Partei-Interesse jede Dummheit hinzunehmen, deckten 
alle Lücken in dem windigen Bau der damaligen westmächtlichen 
Hofnebenpolitik. Mit diesen kindischen Utopien spielten sich die 
zweifellos klugen Köpfe der Bethmann-Hollwegschen Partei als 
Staatsmänner aus, hielten es für möglich, den Körper von sechzig 
Millionen Groß-Russen in der europäischen Zukunft als ein caput 
mortuum zu behandeln, das man nach Belieben mißhandeln 
könne, ohne daraus einen sichern Bundesgenossen jedes zukünftigen 
Feindes von Preußen zu machen und ohne Preußen in jedem fran- 
zösischen Kriege zur Rückendeckung gegen Polen zu nöthigen, da 
eine Polen befriedigende Auseinandersetzung in den Provinzen 
Preußen und Posen und selbst noch in Schlesien unmöglich ist, 
ohne den Bestand Preußens aufzulösen. Diese Politiker hielten 
sich damals nicht nur für weise, sondern wurden in der liberalen 
Presse als solche verehrt. 
Von den Leistungen des Preußischen Wochenblatts ist mir unter 
andern eine in der Erinnerung geblieben, ein Memoire, das an- 
geblich unter dem Kaiser Nicolaus in dem Auswärtigen Amte in
	        
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