118 Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
stellten wir, wenigstens von Hause aus, bei den deutschen Höfen
ein Preußisches Programm auf, und keiner von ihnen entschied
sich, bevor wir uns nicht mit Oestreich verständigt hatten. Jetzt
verständigt sich Baiern mit Wien, und wir fügen uns im Rummel
mit Darmstadt und Oldenburg. Damit geben wir das Letzte her,
was man einstweilen von uns braucht, und hat man den Bundes-
beschluß einschließlich des Preußischen Votums erst in der Tasche,
so werden wir bald sehn, wie Buol mit achselzuckendem Bedauern
von der Unmöglichkeit spricht, den Widerspruch der Westmächte
gegen unfre Zulassung zu überwinden. Auf Rußlands Unterstützung
können wir dabei, meinem Gefühl nach, nicht rechnen, denn den
Russen wird die Verstimmung ganz lieb sein, die bei uns folgen
muß, wenn wir den letzten Rest unfrer Politik für ein Entree-
Billet zu den Conferenzen hergegeben haben. Außerdem fürchten
die Russen sich offenbar mehr vor unsrer „vermittelnden“ Unter-
stützung der gegnerischen Politik, als daß sie irgend einen Bei-
stand von uns auf den Conferenzen erwarteten. Meine Gespräche
mit Brunnow und Petersburger Briefe, die ich gesehn, lassen mir
darüber, trotz aller diplomatischen Schlauheit des erstern, keinen
Zweifel.
Das einzige Mittel, unfre Theilnahme an den Conferenzen
durchzusetzen, ist und bleibt die Zurückhaltung unsrer Erklärung
über die östreichische Vorlage hier. Was soll man noch mit einem
preußischen Quärulanten auf den Conferenzen, wenn man den
Bundesbeschluß und damit uns, erst in der Tasche hat? Oestreich
wird ihn schon auszulegen wissen, wenn wir nicht da sind. Aus
der östreichischen Regirungspresse und aus dem Verhalten Rech-
berg's geht klar hervor, daß sie schon jetzt den dürftigen Vorbehalt
in dem Oestreichisch-Bairischen Entwurf ausdrücklich auf Artikel V,)
X) Les puissances belligérantes réservent le droit qui leur appartient
de produire dans un intérét européen des conditions particulières en sus
des quatre conditions.