Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

152 Achtes Kapitel: Besuch in Paris. 
der ersten Klasse enthielten auch den Namen der an dem betreffenden 
Tische vorsitzenden Dame. Diese Tische waren auf 15 bis 20 
Personen eingerichtet. Ich erhielt beim Eintreten eine solche Karte 
zu dem Tische der Gräfin Walewska und später im Saale noch zwei 
von zwei andern Patronesses-Damen der Diplomatie und des 
Hofes. Es war also kein genauer Plan für die Placirung der 
Gäste gemacht worden. Ich wählte den Tisch der Gräfin Walewska, 
zu deren Departement ich als auswärtiger Diplomat gehörte. Auf 
dem Wege zu dem betreffenden Saale stieß ich auf einen preu- 
ßischen Offizier in der Uniform eines Garde-Infanterie-Regiments, 
der eine französische Dame führte und sich in lebhaftem Streit 
mit einem der kaiserlichen Haushofmeister befand, der beide, weil 
sie mit Karten nicht versehn waren, nicht passiren lassen wollte. 
Nachdem mir der Offizier auf mein Befragen die Sachlage erklärt 
und mir die Dame als eine Herzogin mit italienischem Titel aus 
dem ersten Empire bezeichnet hatte, sagte ich dem Hofbeamten, ich 
hätte die Karte des Herrn, und gab ihm eine der meinigen. Der 
Beamte wollte nun aber die Dame nicht passiren lassen, ich gab 
daher dem Offizier meine zweite Karte für seine Herzogin. Der Be- 
amte bedeutete mich, „mais vous ne passerez pas sans carte“; 
als ich ihm die dritte vorgezeigt hatte, machte er ein verwundertes 
Gesicht und ließ uns alle drei durch. Ich empfahl meinen beiden 
Schützlingen, sich nicht an die Tische zu setzen, die auf den Karten 
angegeben waren, sondern zu sehn, wo sie sonst unterkämen, habe 
auch keine Reclamation über meine Kartenvertheilung zu hören be- 
kommen. Die Unregelmäßigkeit war so groß, daß unser Tisch nicht 
voll besetzt wurde, was sich aus dem Mangel einer Verabredung 
der dames patronesses erklärt. Der alte Fürst Pückler hatte ent- 
weder keine Karte erhalten oder seinen Tisch nicht finden können; 
nachdem er sich an mein ihm bekanntes Gesicht gewandt hatte, 
wurde er von der Gräfin Walewska auf einen der leer gebliebenen 
Plätze eingeladen. Das Souper war trotz der Dreitheilung weder 
nach dem Material, noch nach der Zubereitung auf der Höhe dessen,
	        
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