Briefwechsel mit Gerlach über Frankreich. 171
keinen langen. Wir haben ja schon einmal Deutschland unter russisch-
französischem Einflusse gesehen 1801—1803, wo die Bisthümer
säcularisirt und nach Pariser und Petersburger Vorschriften ver-
theilt wurden; Preußen, was sich damals gut mit den beiden Staaten
und schlecht mit Oesterreich und England stand, erhielt auch etwas
ab bei der Theilung, aber nicht viel und sein Einfluß war ge-
ringer als je. L. v. G.“
Ohne näher auf seinen Brief einzugehn, schrieb ich dem Ge-
neral am 11. Mai:
„.. Berliner Nachrichten sagen mir, daß man mich am Hofe
als Bonapartisten bezeichnet. Man thut mir Unrecht damit. Im
Jahre 50 wurde ich von unsern Gegnern verrätherischer Hin-
neigung zu Oestreich angeklagt, und man nannte uns die Wiener
in Berlin; später fand man, daß wir nach Juchten rochen, und
nannte uns Spreekosaken. Ich habe damals auf die Frage, ob
ich russisch oder westmächtlich sei, stets geantwortet, ich bin Preußisch,
und mein Ideal für auswärtige Politiker ist die Vorurtheilsfrei-
heit, die Unabhängigkeit der Entschließungen von den Eindrücken
der Abneigung oder Vorliebe für fremde Staaten und deren Re-
genten. Ich habe, was das Ausland anbelangt, in meinem Leben
nur für England und seine Bewohner Sympathie gehabt und bin
stundenweis noch nicht frei davon; aber die Leute wollen sich ja von
uns nicht lieben lassen, und ich würde, sobald man mir nachweist,
daß es im Interesse einer gesunden und wohldurchdachten preußi-
schen Politik liegt, unfre Truppen mit derselben Genugthuung auf
die französischen, russischen, englischen oder östreichischen feuern
sehen. In Friedenszeiten halte ich es für muthwillige Selbst-
schwächung, sich Verstimmungen zuzuziehn oder solche zu unter-
halten, ohne daß man einen praktischen politischen Zweck damit
verbindet, und die Freiheit seiner künftigen Entschließungen und
Verbindungen vagen und unerwiderten Sympathien zu opfern,
Concessionen, wie sie Oestreich jetzt in Betreff Rastatts von uns