Briefwechsel mit Gerlach über Frankreich. 183
spielen werden. Ich habe eine solche Allianz auch nie als etwas
von uns zu Erstrebendes hingestellt, sondern als eine Thatsache,
die wahrscheinlich früher oder später aus dem jetzigen décousu
hervorgehn wird, ohne daß wir sie hindern können, mit der man
also rechnen, über deren Wirkungen wir uns klar machen müssen.
Ich habe hinzugefügt, daß wir sie, nachdem Frankreich um unsre
Freundschaft wirbt, durch unser Eingehn auf diese Werbung viel-
leicht hindern, oder doch in der Wirkung modificiren, jedenfalls
vermeiden können, als „der Dritte in dieselbe zu treten. Ver-
hältnißmäßig schwach werden wir in jeder Verbindung mit andern
Großmächten erscheinen, so lange wir eben nicht stärker sind, als wir
jetzt sind. Oestreich und England werden, wenn wir mit ihnen
im Bunde sind, ihre Ueberlegenheit auch nicht grade in unserm
Interesse geltend machen, das haben wir auf dem Wiener Con-
greß zu unserm Schaden erlebt. Oestreich kann uns keine Be-
deutung in Deutschland gönnen, England keine Chancen maritimer
Entwicklung in Handel oder Flotte, und ist neidisch auf unfre
Industrie.
Sie parallelisiren mich mit Haugwitz und der damaligen
„Defensiv-Politikt. Die Verhältnisse damals waren aber andre.
Frankreich war schon im Besitz der drohendsten Uebermacht, an
seiner Spitze ein notorisch gefährlicher Eroberer, und auf England
war dagegen sicher zu rechnen. Ich habe den Muth, den Baseler
Frieden nicht zu tadeln; mit dem damaligen Oestreich und seinen
Thugut, Lehrbach und Cobenzl war ebensowenig ein Bündniß
auszuhalten, wie mit dem heutigen, und daß wir 1815 nur schlecht
sfortkamen, kann ich nicht auf den Baseler Frieden schieben, sondern
wir konnten gegen die uns entgegenstehenden Interessen von Eng-
land und Oestreich nicht aufkommen, weil unfre physische Schwäche
im Vergleich mit den andern Großmächten nicht gefürchtet wurde.
Die Rheinbundstaaten hatten noch ganz anders Jgebaselt“ wie wir
und kamen doch in Wien vorzüglich gut fort. Daß wir aber
1805 nicht die Gelegenheit ergriffen, um Frankreichs Uebermacht