Uebernahme der Regentschaft. Entlassung Manteuffels. 201
nicht ab, sondern machte bei dem Prinzen Gegenvorstellungen bezüg-
lich der Opportunität des Momentes, Gegenvorstellungen, welche
nach nicht geringer Mühe auch durchschlugen. Ich ward ermächtigt,
die Maßregel wenigstens aufzuhalten und den Brief bei mir liegen
zu lassen. Da schrieb Westphalen am 8. d. Mts. an den Prinzen
sowohl wie an mich ein ganz wunderbares Schreiben, worin er mit
Zurücknahme früherer Erklärungen seine Contrasignatur der zu
erlassenden und bereits festgestellten Ordres davon abhängig machte,
daß auch noch die vom Prinzen zu erlassenden Ordres speciell dem
Könige zur Genehmigung vorgelegt würden, ein Verlangen, welches
in der That mit Rücksicht auf den in den letzten Tagen verschlim-
merten geistigen Zustand des Königs an Widersinnigkeit grenzt.
Da verlor der Prinz die Geduld und machte mir Vorwürfe, nicht
sogleich sein Schreiben abgeschickt zu haben, und die Sache war
nun nicht mehr zu halten. Flottwells Wahl ist ohne all' mein
Zuthun aus dem Prinzen selbstständig hervorgegangen, sie hat, wie
Manches gegen sich, so auch Manches für sich.“
Ich stellte mich zu dem Landtage ein und trat in einer Fractions=
sitzung gegen die Herrn, von welchen der Versuch ausging, sich der
verfassungsmäßigen Votirung der Regentschaft zu widersetzen, mit
Entschiedenheit für die Annahme der Regentschaft ein, die denn
auch stattfand.
Nachdem am 26. October der Prinz von Preußen die Regent-
schaft übernommen hatte, fragte Manteuffel mich, was er thun
solle, um eine unfreiwillige Verabschiedung zu vermeiden, und gab
mir auf mein Verlangen seine letzte Correspondenz mit dem Regenten
zu lesen. Meine Antwort, es sei ganz klar, daß der Prinz ihm
den Abschied geben wolle, hielt er für unaufrichtig, vielleicht für
ehrgeizig. Am 6. November wurde er entlassen. Es folgte ihm
der Fürst von Hohenzollern mit dem Ministerium der „Neuen Aera“.