202 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft.
III.
Im Januar 1859 machte mir auf einem Balle bei Moustier
oder Karolyi der Graf Stillfried scherzhafte Anspielungen, aus
denen ich schloß, daß meine schon mehrmals geplante Versetzung
von Frankfurt nach Petersburg erfolgen werde, und fügte dazu
die wohlwollende Bemerkung: Per aspera ad astra. Die Wissen-
schaft des Grafen beruhte ohne Zweifel auf seinen intimen Be-
ziehungen zu allen Katholiken im Haushalte der Prinzessin, vom
ersten Kammerherrn bis zum Kammerdiener. Meine Beziehungen
zu den Jesuiten waren damals noch ungetrübt, und ich besaß noch
Stillfrieds Wohlwollen. Ich verstand die durchsichtige Anspielung,
begab mich am folgenden Tage (26. Januar) zu dem Regenten und
sagte offen, ich hörte, daß ich nach Petersburg versetzt werden sollte,
und bat um Erlaubniß, mein Bedauern darüber auszusprechen, in
der Hoffnung, daß es noch rückgängig gemacht werden könnte. Die
erste Gegenfrage war: „Wer hat Ihnen das gesagt?“ Ich erwiderte,
ich würde indiscret sein, wenn ich die Person nennen wollte, ich hätte
es aus dem Jesuitenlager gehört, mit dem ich alte Fühlung hätte,
und ich bedauerte es, weil ich glaubte, in Frankfurt, in diesem
Fuchsbau des Bundestages, dessen Ein= und Ausgänge ich bis auf
die Nothröhren kennen gelernt hätte, brauchbarere Dienste leisten zu
können als irgend einer meiner Nachfolger, der die sehr complicirte
Stellung, die auf den Beziehungen zu vielen Höfen und Ministern
beruhe, erst wieder kennen lernen müsse, da ich meine achtjährige
Erfahrung auf diesem Gebiete, die ich in bewegten Zuständen ge-
macht, nicht vererben könnte. Mir wäre jeder deutsche Fürst und
jeder deutsche Minister und die Höfe der bundesfürstlichen Resi-
denzen persönlich bekannt, und ich erfreute mich, so weit es für
Preußen erreichbar sei, eines Einflusses in der Bundesversammlung
und an den einzelnen Höfen. Dieses erworbene und erkämpfte
Capital der preußischen Diplomatie würde zwecklos zerstört durch