Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Usedomiana; das Abschiedsgesuch von 1869. 205 
Ihren Gedanken eingehen könnte! Mein größtes Glück ist es 
ja, mit Ihnen zu leben und immer fest einverstanden zu sein. Wie 
können Sie Sich Hypochondrien darüber machen, daß meine einzige 
Différenz Sie bis zum extremsten Schritt verleitet! Noch aus Varzin 
schrieben Sie mir in der Différenz wegen der Deckung des Deficits, 
daß Sie zwar andrer Meinung wie ich seien, daß Sie aber bei 
Uebernahme Ihrer Stellung es Sich zur Pflicht gemacht hätten, 
daß, wenn Sie pflichtmäßig Ihre Ansichten geäußert, Sie Sich meinen 
Beschlüssen fügen würden. Was hat denn diesmal Ihre so edel 
ausgesprochene Absicht von vor 3 Monaten so gänzlich verändert? 
Es giebt nur eine einzige Différenz, ich wiederhole es, die in 
F. a.M. ). Die Usedomiana habe ich gestern noch ganz eingehend 
nach Ihrem Wunsch besprochen schriftlich; die Hausangelegenheit 
wird sich schlichten; in der Stellen-Besetzung waren wir einig, aber 
die Individuen wollen nicht. Wo ist da also Grund zum Extreme? 
Ihr Name steht in Preußens Geschichte schöner als der irgend 
eines Preußischen Staatsmanns. Den soll ich lassen? Niemals. 
Ruhe und Gebeth wird alles ausgleichen. Ihr treuster Freund 
W.“ 
Von dem folgenden Tage ist der nachstehende Brief Roons: 
„Berlin, den 23. Februar 1869. 
Seit ich Sie gestern Abend verließ, mein verehrter Freund, 
bin ich unausgesetzt mit Ihnen und Ihrer Entschließung beschäftigt. 
Es läßt mir keine Ruhe. Ich muß Ihnen nochmals zurufen, 
fassen Sie Ihr Schreiben so, daß ein Einlenken möglich bleibt. 
1) Die Regierung hatte am 1. Februar 1869 im Landtage einen Gesetz- 
entwurf vorgelegt, betr. die Auseinandersetzung zwischen Staat und Stadt 
Frankfurt, die auf einem Gutachten der Kronsyndici beruhte, vom Ministerium 
berathen, vom Könige genehmigt worden war. Der Frankfurter Magistrat 
erlangte, während die Verhandlungen über den Entwurf noch schwebten, vom 
Könige die Zusage, daß der Stadt Frankfurt zur vergleichsweisen Erledigung 
der von ihr erhobenen Ansprüche 2000 000 Gulden aus der Staatscasse über- 
wiesen werden sollten. Der Gesetzentwurf mußte entsprechend abgeändert werden.
	        
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