210 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft.
Geschichte Preußens, Deutschlands, Europas zu eng verbunden, als
daß Sie sich von einem Schauplatz zurückziehen dürfen, den Sie
mit schaffen halfen. Aber damit Sie sich dieser Schöpfung auch
ganz widmen können, müssen Sie sich Erleichterung der Arbeit
verschaffen und bitte ich Sie inständigst mir dieserhalb Vorschläge
zu machen. So sollten Sie sich von den Staats-Ministerial-
Sitzungen losmachen, wenn gewöhnliche Dinge verhandelt werden.
Delbrück steht Ihnen so getreu zur Seite, daß er Ihnen Manches
abnehmen könnte. Réduciren Sie Ihre Vorträge bei mir auf das
Wichtigste u. s. w. Vor Allem aber zweifeln Sie nie an meinem
unveränderten Vertrauen und an meiner unauslöschlichen Dank-
barkeit!
Ihr
Wilhelm.“
Usedom wurde zur Disposition gestellt. Se. Majestät überwand
in diesem Falle die Tradition der Verwaltung des Königlichen Haus-
vermögens so weit, daß er ihm die finanzielle Differenz zwischen
dem amtlichen Einkommen und dem Wartegelde aus der Privat-
chatoulle regelmäßig zahlen ließ.
IV.
Ich kehre zu dem Gespräche mit dem Regenten zurück. Nach-
dem ich mich über den bundestäglichen Posten geäußert, ging ich
auf die Gesammtsituation über und sagte: „Ew. K. H. haben im
ganzen Ministerium keine einzige staatsmännische Capacität, nur
Mittelmäßigkeiten, beschränkte Köpfe."“
Der Regent: „Halten Sie Bonin für einen beschränkten Kopf?“
Ich: „Das nicht; aber er kann nicht ein Schubfach in Ordnung
halten, viel weniger ein Ministerium. Und Schleinitz ist ein Höf-
ling, kein Staatsmann.“
Der Regent empfindlich: „Halten Sie mich etwa für eine