Das Ministerium der Neuen Aera. 211
Schlafmütze? Mein auswärtiger Minister und mein Kriegsminister
werde ich selbst sein; das verstehe ich.“
Ich deprecirte und sagte: „Heut zu Tage kann der fähigste Land-
rath seinen Kreis nicht verwalten ohne einen intelligenten Kreis-
sekretär und wird immer auf einen solchen halten; die preußische
Monarchie bedarf des Analogen in viel höherm Maße. Ohne
intelligente Minister werden Ew. K. H. in dem Ergebniß keine
Befriedigung finden. Das Innere berührt mich weniger; aber
wenn ich an Schwerin denke, so habe ich auch meine Sorgen. Er
ist ehrlich und tapfer und würde, wenn er Soldat wäre, wie sein
Vorfahr bei Prag fallen; aber ihm fehlt die Besonnenheit. Sehn
Ew. K. H. sein Profil an; dicht über den Augenbrauen springt
die Schnelligkeit der Conception hervor, die Eigenschaft, welche die
Franzosen mit primesautier bezeichnen, aber darüber fehlt die
Stirn, in welcher die Phrenologen die Besonnenheit suchen.
Schwerin ist ein Staatsmann ohne Augenmaß und hat mehr
Fähigkeit einzureißen als aufzubauen.“
Die Beschränktheit der Uebrigen gab mir der Prinz zu. Im
Ganzen blieb er bei dem Bestreben, mir meine Mission nach Peters-
burg im Lichte einer Auszeichnung erscheinen zu lassen, und machte
mir den Eindruck, als fühle er eine Erleichterung, daß auf diese
Weise die auch für ihn unerfreuliche Frage meiner Versetzung durch
meine Initiative der Besprechung erledigt war. Die Audienz endete
in gnädiger Form auf Seiten des Regenten und auf meiner Seite
mit dem Gefühl ungetrübter Anhänglichkeit an den Herrn und
gesteigerter Geringschätzung gegen die Streber, deren von der
Prinzessin unterstützten Einflüssen er damals unterlag.
In der neuen Aera hatte die hohe Frau zunächst ein Ministerium
vor sich, als dessen Begründerin und Patronin sie sich ansehn
durfte. Aber auch unter diesem Cabinet blieb ihr Einfluß nicht
dauernd gouvernemental, sondern gewann bald die Natur einer
Begünstigung derjenigen Minister, welche der obersten Staatsleitung
unbequem waren. Am meisten war dies vielleicht der Graf