Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

214 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. 
Grafen Buol legitimirt hatte, machte er mir den Vorschlag zur 
Betheiligung an einem Finanzgeschäft, welches mir „jährlich 
20 000 Thaler mit Sicherheit“ abwerfen würde. Auf meine Er- 
widerung, daß ich keine Capitalien anzulegen hätte, erfolgte die 
Antwort, daß Geldeinschüsse zu dem Geschäft nicht erforderlich 
seien, sondern daß meine Einlage darin bestehn würde, daß ich 
mit der preußischen auch die östreichische Politik am russischen 
Hofe befürwortete, weil die fraglichen Geschäfte nur gelingen 
könnten, wenn die Beziehungen zwischen Rußland und Oestreich 
günstig wären. Mir war daran gelegen, irgendwelches schriftliche 
Zeugniß über dieses Anerbieten in die Hand zu bekommen, um 
dadurch dem Regenten den Beweis zu liefern, wie gerechtfertigt 
mein Mißtrauen gegen die Politik des Grafen Buol war. Ich 
hielt deshalb dem Levinstein vor, daß ich bei einem so bedenk- 
lichen Geschäft doch eine stärkere Sicherheit haben müßte, als seine 
mündliche Aeußerung, auf Grund der wenigen Zeilen von der 
Hand des Grafen Buol, die er an sich behalten habe. Er wollte 
sich nicht dazu verstehn, mir eine schriftliche Zusage zu beschaffen, 
erhöhte aber sein Anerbieten auf 30 000 Thaler jährlich. Nachdem 
ich mich überzeugt hatte, daß ich schriftliches Beweis-Material nicht 
erlangen würde, ersuchte ich Levinstein, mich zu verlassen, und 
schickte mich zum Ausgehn an. Er folgte mir auf die Treppe 
unter beweglichen Redensarten über das Thema: „Sehn Sie sich 
vor, es ist nicht angenehm, die „Kaiserliche Regirung“ zum Feinde 
zu haben.“ Erst als ich ihn auf die Steilheit der Treppe und auf 
meine körperliche Ueberlegenheit aufmerksam machte, stieg er vor 
mir schnell die Treppe hinab und verließ mich. 
Dieser Unterhändler war mir persönlich bekannt geworden 
durch die Vertrauensstellung, welche er seit Jahren im Auswärtigen 
Ministerium eingenommen, und durch die Aufträge, welche er 
von dort für mich zur Zeit Manteuffels erhielt. Er pflegte seine 
Beziehungen in den untern Stellen durch übermäßige Trink- 
gelder.
	        
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