222 Zehntes Kapitel: Petersburg.
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er, auf die bis dahin von ihm nicht bemerkten, im pas gymnastique
defilirenden chasseurs de Vincennes deutend, sagte: „Eh bien, il
faut enfoncer #a!“ Das Publikum, einschließlich der Mißhandelten,
lachte, die von Thätlichkeiten Verschonten entfernten sich mit einem
dankbaren Gefühl für den décoré, dessen Anwesenheit sie ge-
rettet hatte.
Auch in Petersburg würde ich es für zweckmäßig gehalten
haben, auf der Straße die Andeutung eines höhern russischen
Ordens zu tragen, wenn die großen Entfernungen es nicht mit sich
gebracht hätten, daß man sich in den Straßen mehr zu Wagen
mit Tressenlivree als zu Fuße zeigte. Schon zu Pferde, wenn in
Civil und ohne Reitknecht, lief man Gefahr, von den durch ihr
Costüm kenntlichen Kutschern der höhern Würdenträger wörtlich
und thätlich angefahren zu werden, wenn man mit ihnen in un-
vermeidliche Berührung gerieth; und wer hinreichend Herr seines
Pferdes war und eine Gerte in der Hand hatte, that wohl, sich
bei solchen Conflicten als gleichberechtigt mit dem Insassen des
Wagens zu legitimiren. Von den wenigen Reitern in der Um-
gebung von Petersburg konnte man in der Regel annehmen, daß
sie deutsche und englische Kaufleute waren und in dieser ihrer
Stellung ärgerliche Berührungen nach Möglichkeit vermieden und
lieber ertrugen, als sich bei den Behörden zu beschweren. Offiziere
machten nur in ganz geringer Zahl von den guten Reitwegen
auf den Inseln und weiter außerhalb der Stadt Gebrauch, und
die es thaten, waren in der Regel deutschen Herkommens. Das
Bemühn höhern Ortes, den Offizieren mehr Geschmack am Reiten
beizubringen, hatte keinen dauernden Erfolg und bewirkte nur,
daß nach einer jeden Anregung derart die kaiserlichen Equipagen
einige Tage lang mehr Reitern als gewöhnlich begegneten. Eine
Merkwürdigkeit war es, daß als die besten Reiter unter den
Offizieren die beiden Admiräle anerkannt waren, der Groffürst
Constantin und der Fürst Mentschikow.
Auch abgesehn von der Reiterei mußte man wahrnehmen, daß