Ministerium Auerswald. Ministerkrisis. 241
vernichten. Sie können nicht anders als ungehorsam sein und
bleiben. Bis jetzt haben ich, der ich eine ganz entgegengesetzte
Position zur brennenden Frage eingenommen, und (Edwin) Man—
teuffel mit Mühe verhindert, daß der König sich beuge. Er würde
es thun, wenn ich dazu riethe, aber ich hoffe zu Gott, daß er meine
Zunge lähme, bevor sie zustimmt. Aber ich stehe allein, ganz allein;
Edwin Manteuffel geht heute auf die Festung 1). Gestern endlich hat
mir der König erlaubt, mich für ihn nach andern Ministern um-
zusehen. Er ist der trostlosen Ansicht, er fände, außer bei Stahl
und Cp., keine Männer, die die Huldigung mit Eidesleistung für
zulässig erachten. Ich frage nun, ob Sie die althergebrachte Erb-
huldigung für ein Attentat gegen die Verfassung halten? Ant-
worten Sie darauf mit Ja, so habe ich mich getäuscht, wenn, ich
annahm, daß Sie meiner Ansicht seien. Treten Sie dieser aber
bei und meinen Sie, daß es ein doctrinärer Schwindel, eine Folge
politischer Engagements und politischer Parteistellung sei, wenn die
lieben Gespielen sich nicht in der Lage zu befinden glauben: so
werden Sie auch nicht Anstand nehmen, in den Rath des Königs
einzutreten und die Huldigungsfrage in correcter Weise zu lösen.
Dann werden Sie auch Mittel finden, die beabsichtigte Urlaubs-
reise unverzüglich anzutreten und mich ungesäumt durch den Tele-
graphen zu benachrichtigen. Die Worte: „Ja, ich kommel reichen
aus, besser noch, wenn Sie das Datum Ihrer Ankunft hinzufügen
können. Schleinitz geht unter allen Umständen, ganz abgesehen von
der Huldigungsfrage. Das steht fest! Aber es ist fraglich, ob
Sie sein oder Schwerins Portefeuille zu übernehmen haben werden.
S. M. scheint für letzteres mehr, als für ersteres disponirt. Doch
ist das cura posterior. Es kömmt darauf an, den König zu über-
zeugen, daß er ohne affichirten Systemwechsel ein Ministerium finden
kann, wie er es braucht. Ich habe außerdem ähnliche Fragen an
1) Wegen eines Duells mit Twesten als dem Verfasser der Schrift: „Was
uns noch retten kann“.
Otto Fürst von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. I. 16