Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

242 Elftes Kapitel: Zwischenzustand. 
Präsident von Möller und von Selchow gerichtet, bin aber noch 
ohne Antwort. Es ist eine trostlose Lage! Der König leidet ent- 
setzlich. Die Nächsten aus seiner Familie sind gegen ihn und rathen 
zu einem faulen Frieden. Gott verhüte, daß er nachgiebt. Thäte 
er es, so steuerten wir mit vollen Segeln in das Schlamm-Meer 
des parlamentarischen Regiments. 
Ich zittere vor Geschäfts-Aufregung, denn die vermehrten Lasten 
erdrücken mich fast im Verein mit dieser politischen misèere, indeß — 
ein braves Pferd stürzt, aber versagt nicht. — Die Geschäftsnoth 
entschuldige daher auch die Kürze dieser Zeilen. Daher nur noch 
das Eine, daß ich die Brücke hinter mir abgebrochen habe, daß ich 
daher gehe, wenn der König nachgiebt, obwohl sich dies eigentlich 
von. selbst versteht. 
Dieser Brief soll Ihnen durch den Englischen Courier zugehen, 
wie Schlieffen verheißt. Antworten Sie mir sogleich durch den 
Telegraphen." 
Ich antwortete am 2. Juli: 
„Ihr Schreiben durch den Engländer kam gestern in Sturm 
und Regen hier an, und störte mich in dem Behagen, mit welchem 
ich an die ruhige Zeit dachte, die ich in Reinfeld mit Kissinger und 
demnächst in Stolpmünde zu verbringen beabsichtigte. In den Streit 
wohlthuender Gefühle für junge Auerhühner einerseits und Wieder- 
sehn von Frau und Kindern andrerseits tönte Ihr Commando: 
„an die Pferde“ mit schrillem Mißklang. Ich bin geistesträge, 
matt und kleinmüthig geworden, seit mir das Fundament der Gesund- 
heit abhanden gekommen ist. Doch zur Sache. In dem Huldigungs- 
streit verstehe ich nicht recht, wie er so wichtig hat werden können, 
für beide Theile. Es ist mir rechtlich garnicht zweifelhaft, daß der 
König in keinen Widerstreit mit der Verfassung tritt, wenn er die 
Huldigung in herkömmlicher Form annimmt. Er hat das Recht, 
sich von jedem einzelnen seiner Unterthanen und von jeder Cor- 
poration im Lande huldigen zu lassen, wann und wo es ihm ge-
	        
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