250 Elftes Kapitel: Zwischenzustand.
wohl auch die Erinnerung an meine Kritik der Befähigung des
neuen Cabinets, die ich ihm vor meinem Abgange nach Petersburg
gegeben hatte 7.
III.
Schon in der Berufung des Prinzen Adolf von Hohenlohe—
Ingelfingen zum Vertreter des Ministerpräsidenten Fürsten Hohen-
zollern, März 1862, lag eine Art von ministerieller Wechselreiterei,
die auf kurze Verfallzeit berechnet war. Der Prinz war ein kluger
Herr, liebenswürdig, dem Könige unbedingt ergeben und hatte sich
an unsrer innern Politik, wenn auch mehr dilettantisch, doch leb-
hafter betheiligt, als die meisten seiner Genossen vom standesherr-
lichen Adel; aber er war der Stelle eines Ministerpräsidenten in
bewegten Zeiten körperlich und vielleicht auch geistig nicht mehr
gewachsen und suchte diesen Eindruck, als ich ihn im Mai 1862 sah,
mir gegenüber absichtlich zu verstärken, während er mich beschwor,
ihn durch schleunige Uebernahme des Ministeriums von seinem
Martyrium zu erlösen, unter dem er zusammenbreche.
Ich kam damals noch nicht in die Lage, seinen Wunsch er-
füllen zu können, hatte auch keinen Drang dazu. Schon als ich
von Petersburg nach Berlin berufen wurde, hatte ich nach den
Windungen unsrer parlamentarischen Politik annehmen können,
daß diese Frage an mich herantreten würde. Ich kann nicht sagen,
daß mich diese Aussicht angesprochen, thatenfreudig gestimmt hätte,
mir fehlte der Glaube an dauernde Festigkeit Sr. Majestät häuslichen
Einflüssen gegenüber; ich erinnere mich, daß ich in Eydtkuhnen den
Schlagbaum der heimathlichen Grenze nicht mit dem freudigen
Gefühl passirte, wie bis dahin bei jedem ähnlichen Vorkommniß.
Ich war bedrückt von der Sorge, schwierigen und verantwortlichen
Geschäften entgegen zu gehn und auf die angenehme und nicht
h) S. o. S. 210 f.