262 Elftes Kapitel: Zwischenzustand.
Noon antwortete mir am 31. August 1862:
„Mein lieber Bismarck,
Sie werden sich ungefähr denken können, warum ich Ihnen
bisher nicht geantwortet; ich hoffte und hoffte immer wieder auf
eine Entscheidung oder doch auf eine Situation, welche eine akute
Lösung herbeiführen müßte. Leider haben meine, unsere Leiden
noch immer einen ganz chronischen Charakter. Jetzt ist ein neues
Moment — die Freisprechung der Verleumder von der Heydts —
hinzugetreten, aber auch das wird sich im märkischen Sande ver-
laufen. Ich habe mich der misère générale auf einige Tage ent-
zogen, als ich bei der Abreise des Königs nach Dtoberan) hierher
(Zimmerhausen) floh, um Hühner zu schießen. Bernstorff, den ich
vor 3—4 Wochen ganz entschlossen fand, seinen Posten zu ver-
lassen, der ihm viel zu schwer und sauer wird, sagte mir vor
8 Tagen, daß er doch nicht wisse, ob er nach dem Schluß der
parlamentarischen Session nicht dem Wunsche des Königs (falls
er ausgesprochen werden sollte) werde nachgeben und bleiben müssen,
wiewohl seine Sehnsucht nach Erlösung nicht erloschen sei, d. h.
in die Wirklichkeit übersetzt, die Session hat sich so lange hinge-
zogen, daß ihr Schluß voraussichtlich mit der Entbindung der
Gräfin ungefähr zusammenfallen wird; daß daher eine Versetzungs-
reise im Winter alsdann noch viel weniger passen würde als ohne
dies. Schon früher sagte er mir nänlich, daß seine Versetzung
nach London spätestens im September stattfinden müsse, wenn sie
für ihn annehmlich sein sollte. Diese vielleicht verdammliche Selbst-
sucht auf der einen und die Unentschlossenheit des Königs auf der
anderen Seite, verbunden mit v. d. Heydts Ansicht, daß er sich
zwar einen Präsidenten, nicht aber einen solchen aus der Zahl
jüngerer Collegen gefallen lassen könne und werde, läßt mich zu
der früheren Behauptung zurückkehren, daß Sie als Minister-
präsident und zwar vorläufig ohne Portefeuille eintreten müssen;
letzteres wird sich später von selbst finden. Daß wir in die Winter-