Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Wie die Muthlosigkeit des Königs überwunden ward. 285 
müssen wir früher oder später doch, und können wir anständiger 
umkommen? Ich selbst im Kampfe für die Sache meines Königs 
und Eure Majestät, indem Sie Ihre königlichen Rechte von Gottes 
Gnaden mit dem eignen Blute besiegeln, ob auf dem Schaffot oder 
auf dem Schlachtfelde, ändert nichts an dem rühmlichen Einsetzen 
von Leib und Leben für die von Gottes Gnaden verliehenen Rechte. 
Eure Majestät müssen nicht an Ludwig XVI. denken; der lebte und 
starb in einer schwächlichen Gemüthsverfassung und macht kein gutes 
Bild in der Geschichte. Karl J. dagegen, wird er nicht immer eine 
vornehme historische Erscheinung bleiben, wie er, nachdem er für 
sein Recht das Schwert gezogen, die Schlacht verloren hatte, un- 
gebeugt seine königliche Gesinnung mit seinem Blute bekräftigte? 
Eure Majestät sind in der Nothwendigkeit zu fechten, Sie können 
nicht capituliren, Sie müssen, und wenn es mit körperlicher Gefahr 
wäre, der Vergewaltigung entgegentreten." 
Je länger ich in diesem Sinne sprach, desto mehr belebte sich 
der König und fühlte sich in die Rolle des für Königthum und 
Vaterland kämpfenden Offiziers hinein. Er war äußern und persön- 
lichen Gefahren gegenüber von einer seltenen und ihm absolut 
natürlichen Furchtlosigkeit, auf dem Schlachtfelde, wie Attentaten 
gegenüber; seine Haltung in jeder äußern Gefahr hatte etwas Herz- 
erhebendes und Begeisterndes. Der ideale Typus des preußischen 
Offiziers, der dem sichern Tode im Dienste mit dem einfachen Worte 
„Zu Befehl“ selbstlos und furchtlos entgegengeht, der aber, wenn 
er auf eigne Verantwortung handeln soll, die Kritik des Vorgesetzten 
oder der Welt mehr als den Tod und dergestalt fürchtet, daß die 
Energie und Richtigkeit seiner Entschließung durch die Furcht vor 
Verweis und Tadel beeinträchtigt wird, dieser Typus war in ihm 
im höchsten Grade ausgebildet. Er hatte sich bis dahin auf seiner 
Fahrt nur gefragt, ob er vor der überlegnen Kritik seiner Frau 
Gemalin und vor der öffentlichen Meinung in Preußen mit dem 
Wege, den er mit mir einschlug, würde bestehn können. Dem 
gegenüber war die Wirkung unsrer Unterredung in dem dunklen
	        
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