Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

292 Dreizehntes Kapitel: Dynastien und Stämme. 
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baren preußischen Nationalstaat verbunden, ohne die Dynastie so 
weiter leben würden? Würde Baiern, isolirt gedacht, geschlossen 
zusammenhalten, wenn die Wittelsbacher Dynastie spurlos ver- 
schwunden wäre? Einige Dynastien haben manche Erinnerungen, 
die nicht grade geeignet sind, die heterogenen Theile, aus denen 
diese Staaten geschichtlich gebildet sind, mit Anhänglichkeit zu er- 
füllen. Das Land Schleswig-Holstein hat garkeine dynastische 
Erinnerungen, namentlich nicht im anti-gottorpischen Sinne, und 
doch hat die Aussicht, einen selbständigen kleinen Hof mit Ministern, 
Hofmarschällen und Orden neu bilden zu können, und auf Kosten 
der preußischen und östreichischen Bundesleistungen eine kleinstaat- 
liche Existenz zu führen, recht starke particularistische Bewegungen 
in den Elbherzogthümern hervorgerufen. Das Großherzogthum 
Baden hat seit dem Markgrafen Ludwig vor Belgrad kaum eine 
dynastische Erinnerung; das rasche Anwachsen dieses kleinen Fürsten- 
thums unter französischer Protection im Rheinbunde, das Hofleben 
der letzten Fürsten der alten Linie, die eheliche Verbindung mit dem 
Hause Beauharnais, die Caspar Hauser-Geschichte, die revolutionären. 
Vorgänge von 1832, die Vertreibung des bürgerfreundlichen Groß- 
herzogs Leopold, die Vertreibung des regirenden Hauses 1849 haben 
den Zwang der dynastischen Fügsamkeit im Lande nicht brechen 
können, und Baden hat 1866 seinen Krieg gegen Preußen und die 
deutsche Idee geführt, weil die dynastischen Interessen des regiren- 
den Hauses es unabweislich machten. 
Die andern europäischen Völker bedürfen einer solchen Ver- 
mittlung für ihren Patriotismus und ihr Nationalgefühl nicht. 
Polen, Ungarn, Italiener, Spanier, Franzosen würden unter einer 
jeden Dynastie oder ganz ohne eine solche ihren einheitlichen Zu- 
sammenhang als Nation bewahren. Die germanischen Stämme 
des Nordens, die Schweden und Dänen, haben sich von dynastischer 
Sentimentalität ziemlich frei erwiesen, und in England gehört zwar 
der äußerliche Respect vor der Krone zu den Erfordernissen der 
guten Gesellschaft und wird die formale Erhaltung des König-
	        
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