Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Beschwerdeschrift des Kronprinzen. Indiscretionen der Times. 319 
Nachdem die Sache durch den oben erwähnten Briefwechsel 
zwischen Vater und Sohn wenigstens äußerlich beigelegt war, erhielt 
ich ein aus Stettin vom 30. Juni datirtes Schreiben des Kron- 
prinzen, das meine ganze Politik in starken Ausdrücken verurtheilte. 
Sie sei ohne Wohlwollen und Achtung für das Volk, stütze sich 
auf sehr zweifelhafte Auslegungen der Verfassung, werde sie dem 
Volke werthlos erscheinen lassen und dieses in Richtungen treiben, 
die außerhalb der Verfassung lägen. Auf der andern Seite werde 
das Ministerium von gewagten Deutungen zu gewagteren fort- 
schreiten, endlich dem Könige Bruch mit derselben anrathen. Er 
werde den König bitten, sich, so lange dieses Ministerium im Amte 
sei, der Theilnahme an den Sitzungen desselben enthalten zu dürfen. 
Die Thatsache, daß ich, nachdem ich diese Aeußerung des 
Thronfolgers erhalten hatte, auf dem eingeschlagenen Wege be- 
harrte, war ein sprechender Beweis dafür, daß mir nichts daran 
lag, nach dem Thronwechsel, der ja sehr bald eintreten konnte, 
Minister zu bleiben. Gleichwohl nöthigte der Kronprinz mich in 
einem später zu erwähnenden Gespräche, ihm das mit ausdrück- 
lichen Worten zu sagen. 
Zur Ueberraschung des Königs war am 16. oder 17. Juni 
in der „Times“ zu lesen: „Der Prinz erlaubte sich bei Gelegen- 
heit einer militärischen Dienstreise mit der Politik des Souverains 
in Widerspruch zu treten und seine Maßregeln in Frage zu 
stellen. Das Mindeste, was er thun konnte, um diese schwere 
Beleidigung wieder gut zu machen, war die Zurücknahme seiner 
Aeußerungen. Dies forderte der König von ihm in einem Briefe, 
hinzufügend, daß er seiner Würden und Anstellungen beraubt 
werden würde, wenn er sich weigerte. Der Prinz, in Ueberein- 
stimmung, wie man sagt, mit Ihrer K. H. der Prinzessin, schrieb 
eine feste Antwort auf dieses Verlangen. Er weigerte sich, irgend 
etwas zurückzunehmen, bot die Niederlegung seines Commandos 
und seiner Würden an, und bat um Erlaubniß, sich mit seiner 
Frau und Familie an einen Ort zurückzuziehn, wo er frei von
	        
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