Beziehungen zu Rechberg. Dualistische Bestrebungen. 333
Die Versuche zur Zeit des Ministeriums Rechberg würden,
wenn erfolgreich, damals zu einer gesammtdeutschen Union auf der
Basis des Dualismus haben führen können, zu dem Siebzig-
millionenreich in Centraleuropa mit zweiköpfiger Spitze, während
die Schwarzenbergische Politik auf etwas Aehnliches ausgegangen
war, aber mit einheitlicher Spitze Oestreichs und Hinabdrückung
Preußens nach Möglichkeit auf den mittelstaatlichen Stand. Der
letzte Anlauf dazu war der Fürstencongreß von 1863. Wenn die
Schwarzenbergische Politik in der posthumen Gestalt des Fürsten-
congresses schließlich Erfolg gehabt hätte, so würde zunächst die
Verwendung des Bundestages zur Repression auf dem Gebiete der
innern Politik Deutschlands voraussichtlich in den Vordergrund
getreten sein, nach Maßgabe der Verfassungsrevisionen, die der
Bund schon in Hanover, Hessen, Luxemburg, Lippe, Hamburg u. a.
in Angriff genommen hatte. Auch die Preußische Verfassung konnte
analog herangezogen werden, wenn der König nicht zu vornehm
dazu gedacht hätte.
Unter einer dualistischen Spitze mit Gleichberechtigung Preußens
und Oestreichs, wie sie als Consequenz meiner Annäherung an
Rechberg erstrebt werden konnte, würde unfre innere verfassungs-
mäßige Entwicklung von der Versumpfung in bundestägiger Reaction
und von der einseitigen Förderung absolutistischer Zwecke in den
einzelnen Staaten nicht nothwendig bedroht worden sein; die Eifer-
sucht der beiden Großstaaten wäre der Schutz der Verfassungen ge-
wesen. Preußen, Oestreich und die Mittelstaaten würden bei dua-
listischer Spitze auf Wettbewerb um die öffentliche Meinung in der
Gesammtnation wie in den einzelnen Staaten angewiesen geblieben
sein, und die daraus entspringenden Frictionen würden unser öffent-
liches Leben vor ähnlichen Erstarrungen bewahrt haben, wie sie auf
die Zeiten der Mainzer Untersuchungscommission folgten. Die Zeit
der liberalen östreichischen Preßthätigkeit im Wetteifer mit Preußen,
wenn auch nur auf dem Gebiet der Phrase, ließ schon zu Anfang
der fünfziger Jahre erkennen, daß der unentschiedene Kampf um