348 Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag.
bis dieser dann durch reactionäre und katholische Einflüsse selbst
verdrängt wurde. Der König, so fest er auch in der innern
Politik geworden war, ließ sich damals noch von der durch seine
Gemalin vertretenen Doctrin beeinflussen, daß zur Lösung der
deutschen Frage die Popularität das Mittel sei.
Ueber eine Conferenz, welche am 10. October 1864 von Mit-
gliedern des Auswärtigen und des Handelsministeriums abgehalten
wurde, schrieb mir Herr von Thile nach Biarritz:
„Ich fand in der heutigen Conferenz neu bestätigt, was freilich
längst bekannt ist, daß die Herren Fachmänner bei aller ihrer, von
mir gern anerkannten Virtuosität in Behandlung der fachlichen
Seite die politische arg mißachten und z. B. die Eventualität eines
Ministerwechsels in Wien wie eine Bagatelle behandeln. — Itzen-
plitz wankt in seinen Ansichten sehr. Wiederholt gelang es mir
ihn zu dem Geständniß zu bringen, daß uns der Artikel 25 finaliter
und realiter zu nichts verpflichtet. Dann schreckte ihn aber jedesmal
ein strafender Blick von Delbrück in seine Fachposition zurück.“
Zwei Tage später, am 12. October, berichtete mir Abeken, der
sich bei dem Könige in Baden-Baden befand, es sei ihm nicht ge-
lungen, denselben für den Artikel 25 zu gewinnen; Se. Majestät
scheue „das Geschrei“, welches sich über eine solche Concession an
Oestreich erheben würde, und habe u. A. gesagt: „Die Minister-
krisis in Wien würden wir vielleicht vermeiden, aber dadurch in
Berlin eine solche hervorrufen; Bodelschwingh und Delbrück würden
wahrscheinlich ihre Entlassung beantragen, wenn wir den Artikel 25
zuließen."“
Und wieder zwei Tage später schrieb mir Graf Goltz aus
Paris:
„Ist Rechbergs Stellung entschieden erschüttert (daß sie es
bei dem Kaiser sei, muß ich entschieden bezweifeln), so dürfte für
uns die Nothwendigkeit eintreten, hier den Eröffnungen eines rein
Schmerlingschen Ministeriums zuvorzukommen.“