Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

376 Achtzehntes Kapitel: König Ludwig II. von Baiern. 
Mein lieber Fürst von Bismarck! 
Ich habe Ihr Schreiben vom 19. dieses Monats zu erhalten das 
Vergnügen gehabt und spreche Ihnen, mein lieber Fürst, für Ihre Mit- 
theilungen, sowie für die damit verbundene Zusendung des Akten- 
stückes aus St. Petersburg meinen wärmsten Dank aus. Von Beidem 
habe ich mit jenem lebhaften Interesse Kenntniß genommen, welches 
ich Allem, was mir von Ihnen zukommt, entgegenbringe. Das 
Erfreulichste aber, das mir Ihre Zeilen brachten, war mir die 
Nachricht von dem Fortschritte Ihrer Genesung, welcher, wie ich 
von Herzen wünsche, zur völligen Wiederherstellung Ihrer Gesund- 
heit führen möge. Die begründete Hoffnung, daß Sie sich neu 
gestärkt und erfrischt auch ferner der hohen Aufgabe Ihres staats- 
männischen Berufes vollauf werden widmen können, läßt mich der 
weiteren Entwicklung der politischen Lage mit um so größerer Ruhe 
entgegensehen. Was insbesondere das Verhältniß Deutschlands zu 
Rußland betrifft, so entnehme ich dem Berichte des Generals 
von Schweinitz mit Genugthuung, daß wenigstens an der auf- 
richtigen Friedensliebe des Kaisers von Rußland und des dortigen 
leitenden Ministers nicht gezweifelt werden kann. Diese immerhin 
beruhigende Thatsache im Vereine mit dem so glücklicher Weise 
herrschenden Einvernehmen zwischen Deutschland und Oesterreich, 
welches mir durch Ihre Mittheilungen zu meiner Freude aufs 
Neue als ein vollständig gesichertes bestätigt wird, erscheint wohl 
geeignet, die Hoffnungen auf fernere Erhaltung des Friedens zu 
stärken. 
Empfangen Sie, mein lieber Fürst, mit dem wiederholten 
Ausdrucke meiner wärmsten Wünsche für Ihre volle Erkräftigung 
die Versicherung der besonderen Werthschätzung, mit welcher ich bin 
Elmau, den 27. Sept. 1883. 
Ihr 
aufrichtiger Freund 
Ludwig.
	        
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