In Potsdam und Berlin. 23
den Gedanken schließen, während der Minderjährigkeit ihres Sohnes
die Regentschaft zu führen. Um für diesen Zweck die Mitwirkung
der Rechten in den Kammern zu gewinnen, sind mir formelle
Eröffnungen durch Georg von Vincke gemacht worden. Da ich
zum Prinzen von Preußen nicht gelangen konnte, machte ich
einen Versuch mit dem Prinzen Friedrich Karl, stellte ihm vor,
wie nöthig es sei, daß das Königshaus Fühlung mit der Armee
behalte, und wenn Se. Majestät unfrei sei, auch ohne Befehl des
Königs für die Sache desselben handle. Er erwiderte in lebhafter
Gemüthsbewegung, so sehr ihm mein Gedanke zusage, so fühle er
sich doch zu jung, ihn auszuführen, und könne dem Beispiel der
Studenten, die sich in die Politik mischten, nicht folgen, er sei
auch nicht älter als die. Ich entschloß mich dann zu dem Ver—
suche, zu dem Könige zu gelangen.
Prinz Karl gab mir im Potsdamer Schlosse als Legitimation
und Paß das nachstehende offene Schreiben:
Ueberbringer — mir wohlbekannt — hat den Auftrag, sich bei
Sr. Majestät meinem Allergnädigsten Bruder persönlich nach
Höchstdessen Gesundheit zu erkundigen und mir Nachricht zu bringen,
aus welchem Grunde mir seit 30 Stunden auf meine wiederholten
eigenh. Anfragen „ob ich nicht nach Berlin kommen dürfe“ keine
Antwort ward.
Potsdam 21. Maerz 1848 Carl Prinz v. Preußen.
1 Uhr N. M.
Ich fuhr nach Berlin. Vom Vereinigten Landtage her vielen
Leuten von Ansehn bekannt, hatte ich für rathsam gehalten, meinen
Bart abzuscheeren und einen breiten Hut mit bunter Kokarde auf-
zusetzen. Wegen der gehofften Audienz war ich im Frack. Am
Ausgange des Bahnhofes war eine Schüssel mit einer Aufforderung
zu Spenden für die Barrikadenkämpfer aufgestellt, daneben ein baum-
langer Bürgerwehrmann mit der Muskete auf der Schulter. Ein
Vetter von mir, mit dem ich beim Aussteigen zusammengetroffen