Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Ein Zeitungsartikel. 35 
dessen Umfang nie etwas verheimlicht werden kann. Es ist natür— 
lich, daß die Städter dahin streben, den Steuererheber von der 
Fabrikindustrie, von dem städtischen Häuserwerth, von dem Rentier 
und Capitalisten so fern als möglich zu halten, und ihn lieber auf 
Acker und Wiesen und deren Producte anzuweisen. Ein Anfang 
ist damit gemacht, daß in den bisher mahlsteuerpflichtigen Städten 
die untersten Stufen von der neuen directen Steuer frei bleiben, 
während sie auf dem Lande nach wie vor Klassensteuer zahlen. 
Wir hören ferner von Maßregeln zur Unterstützung der Industrie 
auf Kosten der Staatskassen, aber wir hören nicht davon, daß 
man dem Landmanne zu Hülfe kommen wolle, der wegen der 
kriegerischen Aussichten auf der Seeseite seine Producte nicht ver- 
werthen kann, aber der durch Kündigung von Capitalien in dieser 
geldarmen Zeit seinen Hof zu verkaufen genöthigt wird. Ebenso 
hören wir mit Bezug auf indirecte Besteuerung mehr von dem 
Schutzzollsystem zu Gunsten inländischer Fabrication und Gewerbe 
sprechen, als von dem für die ackerbautreibende Bevölkerung nöthigen 
freien Handel. Es ist wie gesagt natürlich, daß ein Theil der 
städtischen Bevölkerung mit Rücksicht auf die beregten Streitpunkte 
kein Mittel scheut, bei den bevorstehenden Wahlen das eigne 
Interesse zur Geltung zu bringen und die Vertretung der Land- 
bewohner zu schwächen. Ein sehr wirksamer Hebel zu letzterem 
Zweck liegt in den Bestrebungen, der ländlichen Bevölkerung die- 
jenigen ihrer Mitglieder zu verdächtigen, deren Bildung und 
Intelligenz sie befähigen könnte, die Interessen des Grund und 
Bodens auf der Nationalversammlung mit Erfolg zu vertreten; 
man bemüht sich daher, eine Mißstimmung gegen die Ritterguts- 
besitzer künstlich zu befördern, indem man meint, wenn man diese 
Klasse unschädlich macht, so müssen die Landbewohner entweder 
Advokaten oder andre Städter wählen, die nach den ländlichen 
Interessen nicht viel fragen, oder es kommen meist schlichte Land- 
leute, und die denkt man durch die Beredsamkeit und kluge Politik 
der Parteiführer in der Nationalversammlung schon unvermerkt
	        
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