Stellung zur Prinzessin. Politische Lage. 41
einer Erklärung der preußischen und der östreichischen Regirung vom
10. März auf den 20. März nach Dresden berufenen Fürstencongreß
gekommen wäre, so wäre nach der Stimmung der betheiligten Höfe
eine Opferwilligkeit auf dem Altar des Vaterlandes wie die fran-
zösische vom 4. August 1789 zu erwarten gewesen. Diese Auffassung
entsprach den thatsächlichen Verhältnissen; das militärische Preußen
war stark und intact genug, um die revolutionäre Welle zum Stehn
zu bringen und den übrigen deutschen Staaten für Gesetz und
Ordnung in Zukunft Garantien zu bieten, welche den andern
Dynastien damals annehmbar erschienen.
Der 18. März war ein Beispiel, wie schädlich das Eingreifen
roher Kräfte auch den Zwecken werden kann, die dadurch er-
reicht werden sollen. Indessen war am 19. Morgens noch nichts
verloren. Der Aufstand war niedergeschlagen. Führer desselben,
darunter der mir von der Universität her bekannte Assessor Rudolf
Schramm, hatten sich nach Dessau geflüchtet, hielten die erste Nach-
richt von dem Rückzuge der Truppen für eine polizeiliche Falle und
kehrten erst nach Berlin zurück, nachdem sie die Zeitungen erhalten
hatten. Ich glaube, daß mit fester und kluger Ausnutzung des
Sieges, des einzigen, der damals von einer Regirung in Europa
gegen Aufstände erfochten war, die deutsche Einheit in strengerer
Form zu erreichen war, als zur Zeit meiner Betheiligung an der
Regirung schließlich geschehn ist. Ob das nützlicher und dauer-
hafter gewesen wäre, lasse ich dahingestellt sein.
Wenn der König im März die Empörung in Berlin definitiv
niederwarf und auch nachher nicht wieder aufkommen ließ, so würden
wir von dem Kaiser Nicolaus nach dem Zusammenbruch Oest-
reichs keine Schwierigkeiten in der Neubildung einer haltbaren
Organisation Deutschlands erfahren haben. Seine Sympathien
waren ursprünglich mehr nach Berlin als nach Wien gerichtet,
wenn auch Friedrich Wilhelm IV. persönlich diese nicht besaß und
bei der Verschiedenheit der Charaktere nicht besitzen konnte.
Der Umzug durch die Straßen in den Farben der Burschen-