Gespräch mit dem Könige. Seine Rechtsauffassung. 45
Aussichten Preußens zu schädigen, in dem Moment, wo er meine
Dienste gewinnen wollte, nicht aussprach. Ich erwiderte, daß das
formale Recht und seine Grenzen in der vorliegenden Situation
verwischt erschienen und von den Gegnern, sobald sie die Macht
hätten, ebenso wenig respectirt werden würden, wie am 18. März,
ich sähe die Situation mehr in dem Lichte von Krieg und Noth-
wehr, als von rechtlichen Argumentationen. Der König beharrte
jedoch dabei, daß seine Stellung zu schwach werde, wenn er von
dem Rechtsboden abweiche, und der Eindruck ist mir geblieben, daß
er dem von Radowitz bei ihm gepflegten Gedankengange, dem
schwarz-roth-goldnen, wie man damals sagte, die Möglichkeit der
Herstellung der Ordnung in Preußen zunächst unterordnete.
Aus den zahlreichen Gesprächen, die auf jenes erste folgten,
ist mir das Wort des Königs erinnerlich: „Ich will den Kampf
gegen die Tendenzen der Nationalversammlung durchführen, aber
wie die Sache heut liegt, so mag ich zwar von meinem Rechte
vollständig überzeugt sein, es ist aber nicht gewiß, daß Andre,
und daß schließlich die großen Massen es auch sein werden: damit ich
dessen gewiß werde, muß die Versammlung sich noch mehr und in
solchen Fragen in's Unrecht setzen, in denen mein Recht, mich mit Gewalt
zu wehren, nicht nur für mich, sondern allgemein einleuchtend ist.“
Meine Ueberzeugung, daß die Zweifel des Königs an seiner
Macht unbegründet seien, und daß es deshalb nur darauf an-
komme, ob er an sein Recht glaube, wenn er sich gegen die Ueber-
griffe der Versammlung wehren wolle, konnte ich bei ihm nicht
zur Anerkennung bringen. Daß sie richtig war, ist demnächst da-
durch bestätigt worden, daß den großen und kleinen Aufständen
gegenüber jede militärische Anordnung unbedenklich und mit Eifer
durchgeführt wurde, und zwar unter Umständen, wo die Bethätigung
des militärischen Gehorsams schon von Hause aus mit dem Nieder-
werfen bereits vorhandenen bewaffneten Widerstandes verbunden
war, während eine Auflösung der Versammlung, sobald man ihre
Wirksamkeit als staatsgefährlich erkannte, in den Reihen der Truppen