Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Mangelnde Kriegsbereitschaft Preußens. 69 
in zwei Centren außerhalb der Hauptstadt, etwa in Danzig und 
in Westfalen, mobilisiren; vorwärts Berlin können wir erst in 
14 Tagen etwa 70000 Mann haben; und auch die würden 
nicht reichen gegen die Streitkräfte, die Oestreich jetzt schon gegen 
uns in Bereitschaft hat.“ Es sei, fuhr er fort, vor Allem nöthig, 
wenn wir schlagen wollten, Zeit zu gewinnen, und deshalb zu 
wünschen, daß die bevorstehenden Verhandlungen im Abgeordneten- 
hause nicht den Bruch beschleunigten durch Erörterungen und Be- 
schlüsse, wie man sich deren nach den herrschenden Stimmen in der 
Presse versehn müsse. Er bäte mich daher, in Berlin zu bleiben und 
auf die bereits anwesenden und nächstens eintreffenden befreun- 
deten Abgeordneten vertraulich im Sinne der Mäßigung einzu- 
wirken. Er klagte über die Verzettelung der Stämme, die in ihrer 
Friedensformation ausgerückt und verwendet wären und sich nun 
fern von ihren Ersatzbezirken und Zeughäusern befänden, theils im 
Inlande, zum großen Theil aber im Südwesten Deutschlands, also 
in Oertlichkeiten, wo eine schleunige Mobilmachung auf Kriegsfuß 
sich schwer ausführen lasse ½. 
Die badischen Truppen hatte man damals auf wenig gang- 
baren Wegen mit Benutzung des braunschweigischen Weserdistricts 
nach Preußen kommen lassen — ein Beweis von der Aengstlichkeit, 
mit welcher man damals die Gebietsgrenzen der Bundesfürsten 
respectirte, während sonstige Attribute ihrer Landeshoheit in den 
Verfassungsentwürfen für das Reich und den Dreikönigsbund mit 
Leichtigkeit ignorirt oder abgeschafft wurden. Man ging in den 
Entwürfen bis nahe an die Mediatisirung, aber man wagte nicht, 
ein Marschquartier außerhalb der vertragsmäßig vorhandenen 
Etappenstraßen zu beanspruchen. Erst bei Ausbruch des dänischen 
Krieges 1864 wurde in Schwartau mit dieser schüchternen Tradi- 
!) Vgl. die Reichstagsrede Bismarck's vom 24. Januar 1882, Politische 
Neden IX 234; diese Mittheilungen geben den Schlüssel zum richtigen Ver- 
ständniß der Rede vom 3. December 1850.
	        
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