Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Rede vom 3. December 1850. 73 
Es ist leicht für einen Staatsmann, sei es in dem Cabinete 
oder in der Kammer, mit dem populären Winde in die Kriegs- 
trompete zu stoßen und sich dabei an seinem Kaminfeuer zu wärmen 
oder von dieser Tribüne donnernde Reden zu halten, und es dem 
Musketier, der auf dem Schnee verblutet, zu überlassen, ob sein 
System Sieg und Ruhm erwirbt oder nicht. Es ist nichts leichter 
als das, aber wehe dem Staatsmann, der sich in dieser Zeit nicht 
nach einem Grunde zum Kriege umsieht, der auch nach dem Kriege 
noch stichhaltig ist. 
Die preußische Ehre besteht nach meiner Ueberzeugung nicht 
darin, daß Preußen überall in Deutschland den Don Quixote spiele 
für gekränkte Kammer-Celebritäten, welche ihre locale Verfassung 
für gefährdet halten. Ich suche die preußische Ehre darin, daß 
Preußen vor Allem sich von jeder schmachvollen Verbindung mit 
der Demokratie entfernt halte, daß Preußen in der vorliegenden 
wie in allen andern Fragen nicht zugebe, daß in Deutschland 
etwas geschehe ohne Preußens Einwilligung, daß dasjenige, was 
Preußen und Oestreich nach gemeinschaftlicher unabhängiger Er- 
wägung für vernünftig und politisch richtig halten, durch die beiden 
gleichberechtigten Schutzmächte Deutschlands gemeinschaftlich aus- 
geführt werde. 
Die Hauptfrage, die Krieg und Frieden birgt, die Gestaltung 
Deutschlands, die Regelung der Verhältnisse zwischen Preußen und 
Oestreich und der Verhältnisse von Preußen und Oestreich zu 
den kleinern Staaten, soll in wenigen Tagen der Gegenstand der 
freien Conferenzen werden, kann also jetzt nicht Gegenstand eines 
Krieges sein. Wer den Krieg durchaus will, den vertröste ich 
darauf, daß er in den freien Conferenzen jederzeit zu finden 
ist: in vier oder sechs Wochen, wenn man ihn haben will. Ich 
bin weit davon entfernt, in einem so wichtigen Augenblicke, wie 
dieser ist, die Handlungsweise der Regirung durch Rathgeben 
hemmen zu wollen. Wenn ich dem Ministerium gegenüber einen 
Wunsch aussprechen wollte, so wäre es der, daß wir nicht eher
	        
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