76 Drittes Kapitel: Erfurt, Olmütz, Dresden.
III.
Mit den Mitteln und Gewohnheiten des auswärtigen Dienstes
noch nicht so vertraut wie später, war ich doch als Laie nicht
zweifelhaft, daß der Krieg, wenn er für uns überhaupt geboten
oder annehmbar erschien, auch nach Olmütz in den Dresdner Ver-
handlungen jederzeit gefunden und durch Abbruch derselben herbei—
geführt werden konnte. Stockhausen hatte mir gelegentlich sechs
Wochen als die Frist bezeichnet, deren er bedürfte, um fechten zu
können, und es wäre nach meiner Ansicht nicht schwer gewesen,
das Doppelte derselben durch geschickte Leitung der Verhandlungen
in Dresden zu gewinnen, wenn bei uns die momentane Unfertigkeit
der militärischen Rüstungen der einzige Grund gewesen wäre, uns
eine kriegerische Lösung zu versagen. Wenn die Dresdner Ver—
handlungen nicht dazu benutzt worden sind, im preußischen Sinne
entweder ein höheres Resultat oder einen berechtigt erscheinenden
Anlaß zum Kriege zu gewinnen, so ist mir niemals klar geworden,
ob die auffällige Beschränkung unsrer Ziele in Dresden von dem
Könige oder von Herrn von Manteuffel, dem neuen auswärtigen
Minister, ausgegangen ist. Ich habe damals nur den Eindruck ge-
habt, daß letztrer nach seinem Vorleben als Landrath, Negirungs-
Präsident und Director im Ministerium des Innern sich in der
Sicherheit seines Auftretens durch die renommirenden vornehmen
Verkehrsformen des Fürsten Schwarzenberg genirt fühlte. Schon
die häusliche Erscheinung Beider in Dresden — Fürst Schwarzenberg
mit Livreen, Silbergeschirr und Champagner im ersten Stock, der
preußische Minister mit Kanzleidienern und Wassergläsern eine Treppe
höher — war geeignet, auf das Selbstgefühl der betheiligten Vertreter
beider Großmächte und auf ihre Einschätzung durch die übrigen
deutschen Vertreter nachtheilig für uns zu wirken. Die alte preußische
Einfachheit, die Friedrich der Große seinem Vertreter in London
mit der Redensart empfahl: „Sage Er, wenn Er zu Fuß geht,